Die Bundesregierung hat in Brüssel einem umstrittenem Entwurf zu nationalen Anbauverboten von Gentech-Pflanzen zugestimmt. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf EU-Diplomaten. Kritiker sehen im sogenannten „Opt-Out“ ein Täuschungsmanöver und befürchten den „Anfang vom Ende der Gentechnikfreiheit in Europa.“
Besonders wird kritisiert, dass die EU-Regierungen laut dem jüngsten Entwurf der griechischen Ratspräsidentschaft zuerst die Gentech-Konzerne um Ausnahmen für ihr Land zu bitten. Dabei ist die EU-Kommission als Mittlerin zwischen geschaltet. Erst wenn die Unternehmen eine Einschränkung ihres Antrags auf Zulassung der gentechnisch veränderten Pflanzen ablehnen, dürfen die Staaten Verbote erlassen. Diese wären aus Sicht von NGOs und Oppositionsparteien allerdings auch rechtlich unsicher.
Agrarminister Christian Schmidt (CSU) hatte vergangene Woche im Bundestag erklärt, Verhandlungen zwischen Staaten und Konzernen dürfe es nicht geben. Trotzdem stimmte Berlin heute einem Entwurf zu, der genau dies – über den Zwischenschritt Kommission – beinhaltet. „Offenbar hat dem Minister niemand in Europa zugehört“, kommentierte der Grünen-Politiker Harald Ebner. „Warum die Große Koalition diesen Vorschlag trotz ihrer Worte und trotz ihrem Bundestagsantrag von letzter Woche durchwinkt, bleibt ihr Geheimnis.“ Damit habe sie sich „zur Küchenhilfe von Monsanto und anderen Gentech-Riesen degradiert“. Laut AFP enthielt sich nur Belgien der Stimme.
Noch ist der Beschluss nicht endgültig, da heute „nur“ die Ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten tagten. Am 12. Juni folgt die offizielle Abstimmung der Umweltminister. Stimmen auch sie mit qualifizierter Mehrheit für den Entwurf, muss noch das EU-Parlament abstimmen, eventuell kommt es zu Verhandlungen zwischen den Institutionen. Ebner forderte die Regierung auf, nun für eine Sperrminorität im Rat zu sorgen. Nur so könne die GroKo „sich einen winzigen Rest Glaubwürdigkeit in Sachen Gentechnikfreiheit zurückerobern“. [dh]
+++UPDATE+++ Das Landwirtschaftsministerium hat die Zustimmung Deutschlands zum Opt-Out mittlerweile bestätigt.