Mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen haben Einspruch gegen ein Patent eingelegt, das der US-Konzern Monsanto im Jahr 2013 vom Europäischen Patentamt erhielt. Darin wurde dem Agrochemiekonzern die „Erfindung“ einer pilzresistenten Tomate bescheinigt. Tatsächlich habe Monsanto die Eigenschaft aber aus einer Genbank entnommen – und dem Patentamt danach weisgemacht, nur dank seiner Gentechnik sei die Tomate entstanden. Die Kritiker sprechen von „Biopiraterie“ und „Täuschung“.
Das europäische Patentrecht erlaubt zwar Patente auf gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere, nicht aber auf Arten, die durch „im Wesentlichen biologische Verfahren“ entwickelt wurden. Genau das sei aber bei der gegen Grauschimmelfäule resistenten Tomatensorte der Fall, meinen die Kritiker, darunter „Kein Patent auf Leben“, die IG Saatgut, das Gen-ethische Netzwerk, Red de Semillas aus Spanien und Reseau Semences Paysannes aus Frankreich. Es gebe von Natur aus resistente Tomaten, die Monsanto in der internationalen Genbank in Gatersleben in Sachsen-Anhalt gefunden habe.
Anschließend habe der Konzern die resistenten Tomaten mit anderen Tomaten gekreuzt – und das als Erfindung eintragen lassen. Dabei fallen Kreuzungen eben unter die „im Wesentlichen biologische Verfahren“, die eigentlich gar nicht patentiert werden dürften. Monsanto habe deshalb, so die Kritiker, den Antrag auf ein Patent derart formuliert, als seien die Tomaten gentechnisch verändert. „Das hätte eigentlich auch das Europäische Patentamt merken müssen“, kritisierte Christoph Then von „No Patents on Seeds“ das Amt in München. „Es ist unglaublich, wie leicht es Konzernen wie Monsanto gemacht wird, die bestehenden Patentverbote zu umgehen.“
Then hält es auch für unwahrscheinlich, dass mit der Gentechnik überhaupt ein solches Ergebnis zustande kommen könnte. „Die gewünschte Pilzresistenz scheint auf dem Zusammenspiel verschiedener Gene im Erbgut der Tomaten zu beruhen, deren DNA-Sequenz im Einzelnen gar nicht bekannt sind. Die richtige Kombination der Gene kann man daher zwar mit konventioneller Züchtung erreichen, nicht aber mit Gentechnik.“
Doch die NGOs werfen Monsanto nicht nur Täuschung, sondern auch Biopiraterie vor. Die in Gatersleben aufbewahrten Pflanzensamen dienten dazu, die künftige Ernährung sicher zu stellen und gehörten allen Menschen. „Die Entnahme von genetischen Ressourcen aus internationalen Genbanken zum Zwecke der Patentierung ist nichts anderes als Diebstahl, Biopiraterie und ein Missbrauch des Patentrechts“, so Then.
Das Patentamt ist keine EU-Institution, sondern ein zwischenstaatliches Gebilde. Politischen Einfluss könnten die Mitgliedsländer des Europäischen Patentübereinkommens, darunter Deutschland, nehmen. Das Amt wird immer wieder für die Vergabe von Patenten auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere kritisiert. [dh]