Das europäische Sojajahr 2015 fällt wohl durchwachsen aus: einerseits sind die heimischen Ackerflächen, auf denen gentechnikfreie Sojabohnen produziert werden, im Vergleich zum Vorjahr deutlich gewachsen. Immer mehr Landwirte wollen die eiweißhaltigen Bohnen produzieren, die sich gut für Tierfutter eignen. Andererseits sorgten anhaltende Sommerhitze und Dürre für schlechtere Erträge.
Der Verein Donau Soja, der sich für eine gentechnikfreie Produktion in Europa einsetzt, rechnet mit einer Gesamternte von 5,5 bis 6 Millionen Tonnen Sojabohnen – also ungefähr gleich viel wie 2014. Die genauen Zahlen hängen nach Angaben des Vereins davon ab, wie die Ernte in den wichtigsten Erzeugerländern – allen voran in der Ukraine – ausfällt. Dort wird gut die Hälfte des europäischen Sojas produziert. Die Sojafläche dort ist im Vergleich zu 2014 um knapp 9 Prozent auf 1,95 Millionen Hektar gewachsen, wie der Verein unter Verweis auf vorläufige offizielle Zahlen mitteilte.
Weitere wichtige Sojaproduzenten sind – allerdings mit im Vergleich zur Ukraine viel kleineren Flächen - Italien, Serbien, Rumänien und Österreich. Italien ist nach Angaben von Donau Soja auch eines der wenigen Länder, dass aufgrund seines Bewässerungssystems trotz Dürre eine gute Ernte einfahren könnte. Letztes Jahr konnten dort pro Hektar durchschnittlich 3,4 Tonnen Sojabohnen geerntet werden – in der Ukraine waren es nur 1,8 Tonnen. Auch die Schweiz kann mit 3,5 Tonnen pro Hektar rechnen.
Wegen der hohen Nachfrage europäischer Tierhalter nach Eiweißfuttermitteln – und der großen Skepsis vieler Verbraucher gegenüber den vor allem in Nord- und Südamerika angebauten gentechnisch veränderten Pflanzen – versuchen sich immer mehr Landwirte in Europa an der Leguminose Soja. Laut Donausoja legte die Fläche, auf der gentechnikfreie Soja wächst, in vielen Ländern stark zu. In Italien wuchs sie um 46 Prozent von 226.000 Hektar auf 330.000 Hektar, in Ungarn gar um 80 Prozent auf 77.500 Hektar. Bulgarien und Polen, wo zuvor fast keine Soja gepflanzt worden war, verzeichnen nun 35.000 bzw. 20.000 Hektar.
In der konventionellen Tierhaltung Europas werden große Mengen Soja und Mais verfüttert. Die Bohnen und Körner stammen dabei meist aus Übersee, wo gentechnisch veränderte Sorten dominieren – nur in Brasilien gibt es größere Mengen gentechnikfreier Soja. Auf der Verpackung von Milch, Käse, Eiern und Fleisch muss – im Gegensatz zu anderen Lebensmitteln – nicht angegeben werden, welche Pflanzen im Futtertrog der Tiere landen.
Doch immer mehr Produzenten setzen auf gentechnikfreie Fütterung. Bei Bio-Lebensmitteln ist der Einsatz von Gentechnik-Pflanzen ohnehin verboten. Um den wachsenden „Ohne Gentechnik“-Markt zu bedienen und lange Transportwege per Schiff zu vermeiden, fördern viele Regierungen daher nun auch den Sojaanbau in Europa. [dh]
+++ UPDATE 28.06.16 +++ Nach Angaben von Branchenkennern missachten in der Ukraine viele Produzenten das Gentechnik-Verbot. Der Gentechnik-Anteil könnte bei 50 bis 80 Prozent liegen. Damit sinkt auch die Gesamtmenge an gentechnik-freier Soja aus Europa auf 4 bis 5 Millionen Tonnen.