Das meisteingesetzte Unkrautvernichtungsmittel der Welt – Glyphosat – ist nach Ansicht der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) „wahrscheinlich nicht karzinogen“. Die EFSA folgt damit der Einschätzung einer deutschen Behörde. Beide werden hart kritisiert.
Glyphosat als Wirkstoff in Herbizidmischungen wie „Roundup“ von Monsanto war im Frühjahr durch die Internationale Krebsforschungsagentur der WHO als „wahrscheinlich krebserregend für Menschen“ eingestuft worden. In ihrem heute veröffentlichten Bericht widerspricht die EU-Lebensmittelbehörde mit Sitz in Parma: „Was die Karzinogenität betrifft, so ist es unwahrscheinlich, dass dieser Stoff krebserregend ist“, sagte José Tarazona, Leiter des Referats Pestizide. Zum Bewertungsverfahren erklärte er: „Es handelte sich hierbei um einen umfassenden Prozess – eine vollständige Bewertung, die eine Fülle neuer Studien und Daten berücksichtigte.“
Die EFSA folgt damit der Einschätzung des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Zwar wurde erst vor kurzem durch einen Leak bekannt, dass das BfR – entgegen seiner öffentlichen Stellungnahmen – bei Studien an Ratten doch Hinweise auf Krebserkrankungen fand. Doch für die Gesamtbewertung blieb die deutsche Behörde dabei: für Menschen bei „sachgerechter Anwendung“ kein Krebsrisiko.
Die Einschätzung von EFSA und BfR bedeutet: aller Voraussicht nach wird die EU die Anwendung von Glyphosat für weitere zehn Jahre genehmigen. Umwelt- und Verbraucherschützer sind jedoch immer noch überzeugt, dass Glyphosat nicht so sicher ist, wie die Behörden behaupten.
„Diese Bewertung der EFSA lässt an ihrer wissenschaftlichen Unabhängigkeit zweifeln“, kritisierte Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Christiane Huxdorff. „Wie schon das deutsche Bundesamt für Risikobewertung verlässt sich die EFSA viel zu sehr auf Studien der Unternehmen, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Sie schließt Forschungsergebnisse, die die Gefährlichkeit von Glyphosat belegen, aus ihrer Bewertung aus.“
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller ergänzte: „Solange die Risiken von Glyphosat auf Mensch und Natur nicht einwandfrei widerlegt sind, muss unbedingt das Vorsorgeprinzip gelten. Für eine Neuzulassung von Glyphosat fehlt nach wie vor die Grundlage.“
„Würde Glyphosat verboten, wäre die industrialisierte Landwirtschaft, die ohne den massiven Einsatz von Spritzmitteln nicht auskommt, grundsätzlich infrage gestellt“, kommentierte Heike Moldenhauer vom BUND. „Monsanto als der weltweit größte Glyphosat-Produzent verlöre sein wichtigstes Geschäftsfeld. Der Konzern macht die Hälfte seines Gewinns mit Glyphosat und mit an Glyphosat angepasstem Gentech-Saatgut. Das Unternehmen hat keinen Ersatz dafür und keine Alternativen entwickelt und würde bei einem Verbot schwer ins Schlingern geraten.“ Doch offenbar wolle sich keine Behörde mit dem Schwergewicht anlegen.
Im Gegenteil: die EFSA schlägt zugleich vor, die zulässige tägliche Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake – ADI) für Menschen auf 0,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht zu erhöhen. Derzeit liegt der Wert bei 0,3 mg/kg. [dh]