Greenpeace setzt sich in China seit Jahren gegen den Anbau von Gentechnik-Pflanzen ein (Foto: © Greenpeace / Wang Shen)

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Giftcocktails auf Sojabohnen

Kommende Woche stimmen die EU-Mitgliedstaaten über den Import weiterer Gentechnik-Pflanzen ab. Dabei geht es auch um zwei Sojavarianten, die gegen je zwei Herbizide resistent sind. Doch dieser Gift-Doppelpack kann das Risiko für Verbraucher und Tiere, die mit dem Soja gefüttert werden, vergrößern, meint ein Freiburger Toxikologe. Die Behörden untersuchten das aber nicht.

Die Sojapflanzen stammen von den Agrarkonzernen Monsanto und Bayer Cropscience. Ihre Gemeinsamkeit: beide sind gegen Unkrautvernichter mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat immun. Die Monsanto-Soja (MON87708 x MON89788) ist dank der im Labor eingebauten DNA zudem gegen Dicamba, einen weiteren Herbizidwirkstoff, resistent. Bayers Bohnen (FG72) können neben Glyphosat auch mit Isoxaflutol besprüht werden.

Der Toxikologe Wolfgang Reuter hält das für bedenklich. Denn die Giftmischungen könnten als Rückstände an den Sojabohnen haften bleiben – und so im Futtertrog von Tieren oder auch auf den Tellern von Verbrauchern landen. Kombinierte Effekte können laut Reuter auftreten, wenn Chemikalien dasselbe Organ schädigen, beispielsweise die Leber, oder sie denselben Wirkmechanismus haben. Sie können sich auch gegenseitig beeinflussen und so neue Effekte hervorrufen, die zuvor unbekannt waren.

Im Auftrag des Vereins Testbiotech aus München hat Reuter wissenschaftliche Untersuchungen zu den Herbiziden sowie Behördenpapiere ausgewertet. Gestern wurde das Gutachten veröffentlicht. Das Ergebnis: Dicamba und Isoxaflutol weisen Ähnlichkeiten zu Glyphosat auf, die ein gegenseitiges Hochschaukeln der Giftigkeit befürchten lassen. So gebe es sowohl für Dicamba als auch Glyphosat wissenschaftliche Hinweise auf eine erbgutschädigende Wirkung, auf Totgeburten bei Versuchstieren und auf eine Beeinflussung des Thymus. Dieses Organ ist wichtig für das Immunsystem.

Auch in den Studien zu Glyphosat und Isoxaflutol wurde Reuter fündig: beide Herbizide griffen die Leber von Versuchstieren an und führten zu Tumoren des Organs. Insgesamt gebe es zu Isoxaflutol aber nur wenige veröffentlichte Studien, die zudem überwiegend von der Industrie selbst durchgeführt worden seien.

Auf solchen Industrie-Untersuchungen beruhen häufig auch die Einschätzungen von Behörden wie der EFSA, die in der EU für die Risikobewertung von Pestiziden und gentechnisch veränderten Pflanzen zuständig ist. Kritiker monieren, dass kombinierte Effekte mehrerer Wirkstoffe dabei bislang keine Rolle spielen. „Die EU-Kommission hat uns mehrfach schriftlich versichert, dass die Herbizide, die bei den Sojabohnen eingesetzt werden, auf alle relevanten Risiken geprüft wurden“, kommentierte Testbiotech-Geschäftsführer Christoph Then, der Reuter beauftragt hatte. „Wir sind daher nicht nur über das Ergebnis des toxikologischen Gutachtens besorgt, sondern auch schockiert von der Art und Weise, wie die EU-Kommission mit diesen Gesundheitsrisiken umgeht.“

„Es sieht so aus, als ob die Stellungnahmen der EU-Kommission der gezielten Desinformation dienen sollten“, so Then. Er forderte, den Gentechnik-Sojapflanzen von Monsanto und Bayer, die gegen zwei Herbizidwirkstoffe resistent sind, die Genehmigung zu verweigern. „Sowohl Verbraucher als auch Nutztiere können der Kombination dieser giftigen Rückstände ausgesetzt sein, weil man annehmen muss, dass diese auch in der Ernte vorhanden sind“, schrieb Testbiotech in einer Pressemitteilung.

Die Abstimmung kommende Woche ist bereits die zweite über die gentechnisch veränderten Sojapflanzen. Im November hatten die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten schon einmal abgestimmt, dabei kam es allerdings nicht zur nötigen qualifizierten Mehrheit für eine verbindliche Entscheidung. Gibt es auch beim zweiten Durchgang ein Patt, kann die EU-Kommission dem Import der Gentechnik-Soja grünes Licht geben. [dh]

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