In Deutschland gibt es immer weniger Insekten – auch für Ökosysteme und Nahrungsproduktion wichtige Bestäuber wie Bienen und Schmetterlinge verschwinden. Darauf lässt eine Untersuchung des NABU in Nordrhein-Westfalen schließen. Zwischen 1989 und 2014 habe die Biomasse von Fluginsekten um bis zu 80 Prozent abgenommen.
Mit Hilfe von Ehrenamtlichen hatte der NABU an vielen Standorten im Bundesland gemessen, wie viele schwirrende Insekten auftreten. „Während wir 1995 noch 1,6 Kilogramm aus den Untersuchungsfallen sammelten, sind wir heute froh, wenn es 300 Gramm sind“, erklärte Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU Nordrhein-Westfalen. Als mögliche Ursachen benennt der Verband die Zerstörung der Lebensräume, vor allem jedoch den in der Landwirtschaft weit verbreiteten Einsatz von Pestiziden, insbesondere der von vielen als „Bienenkiller“ betrachteten Neonicotinoide.
Im Umweltausschuss des Bundestags stand das Thema gestern auf der Tagesordnung. Die Abgeordneten hatten mehrere Sachverständige eingeladen. Teja Tscharntke, Professor für Agrarökologie an der Georg-August-Universität Göttingen, plädierte dafür, weniger Pestizide einzusetzen und nicht zu viel zu düngen.
Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle sprach sich dafür aus, die Genehmigung von Spritzmitteln auch von den Folgen für die biologische Vielfalt abhängig zu machen. Negative Auswirkungen kleiner Giftmengen würden bislang viel zu wenig berücksichtigt. Der Schutz der wichtigen Bestäuberinsekten rechtfertige, dass die Verfahren so für Industrie und Behörden aufwendiger würden.
Für einige Neonicotinoide gilt in der EU derzeit ein zeitlich begrenztes Moratorium. Herstellerfirmen wie Bayer und Syngenta streiten jedoch ab, dass ihre Chemikalien für Insektensterben verantwortlich sind. Vielmehr seien sie, richtig angewendet, für die Landwirte unverzichtbar.
Umweltschützer heben hingegen den gewaltigen wirtschaftlichen und ökologischen Nutzen von Bestäubern hervor. Auch die EU-Kommission beziffert ihre Leistung mit mindestens 22 Milliarden Euro pro Jahr. Die Europäische Lebensmittelbehörde soll laut The Guardian bis Januar 2017 eine weitere Risikobewertung zu den „Neonics“ durchführen. Bis dahin bleibe das Teil-Moratorium bestehen. [dh]