Wähler im US-Bundesstaat Washington konnten vor drei Jahren abstimmen, ob Lebensmittel gekennzeichnet werden müssen, wenn sie Zutaten aus gentechnisch veränderten Pflanzen enthalten. Sie entschieden sich dagegen – nach einer monatelangen Kampagne von Industrie und Gentech-Konzernen. Gleichzeitig begann ein Rechtsstreit zwischen Staatsanwaltschaft und Lebensmittelbranche. Neue Dokumente zeigen nun: Washington State fordert 14 Millionen Dollar, weil die genaue Finanzierung der Gegenkampagne verschleiert worden sei.
Die Grocery Manufacturers Association (GMA), ein Spitzenverband der Lebensmittelindustrie, stellte der Kampagne allein 11 Millionen Dollar zur Verfügung. Weitere Millionen kamen von Gentechnik-Saatgutherstellern wie Monsanto und Dupont. Bayer und BASF gaben je eine halbe Million. Doch woher stammte das Geld der GMA genau? Washingtons Generalstaatsanwalt Bob Ferguson wirft dem Verband vor, ein „ausgeklügeltes System“ entworfen zu haben, um die Zahlungen seiner Mitgliedsunternehmen „ungesetzlich“ vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Dabei beruft er sich auf interne Dokumente der GMA, die nun veröffentlicht wurden.
So sei bei einem protokollierten GMA-Ausschusstreffen beraten worden, einen Geldtopf mit der irreführenden Bezeichnung „Defense of Brands Strategic Account“ anzulegen, um die „Anonymität“ der einzahlenden Mitgliedsunternehmen zu gewährleisten. Laut dem Magazin Fortune gaben folgende Lebensmittelhersteller die größten Beiträge zur Kampagne gegen die Gentechnik-Kennzeichnung im Bundesstaat: Pepsico (1,7 Mio), Nestlé USA (1,1 Mio), General Mills (646.000), Coca-Cola (565.000).
Die Kampagne finanzierte damit zum Beispiel Werbespots im Fernsehen und Radio, in denen vor steigenden Lebensmittelpreisen gewarnt wurde. Verbraucherschützer widersprechen: weltweit hätten 64 Staaten eine verpflichende Kennzeichnung eingeführt, von gestiegenen Preisen sei nichts bekannt, kommentierte das Center for Food Safety eine aktuelle Studie der Mais-Branche, in der ebenfalls von höheren Preisen ausgegangen wird.
Während Initiativen für mehr Transparenz bei Gentechnik-Zutaten in Washington State oder auch Kalifornien und Oregon scheiterten, haben andere Bundesstaaten wie Vermont oder Connecticut bereits beschlossen, dass eine Kennzeichnung eingeführt wird. Ihnen will die nationale Politik allerdings mit einem landesweiten Gesetz, das auf Freiwilligkeit basieren soll, zuvor kommen. Mehrere Umfragen haben gezeigt, dass die Mehrheit der US-Amerikaner sich eine echte Kennzeichnung von Gentechnik-Zutaten im Essen wünscht. [dh]