Vertreterinnen von Grünen, Linken und SPD haben gestern im Bundestag den Gesetzentwurf von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) zum Gentechnikgesetz als wenig praktikabel kritisiert. Einhellig plädierten sie dafür, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen (GVO) in Deutschland bundeseinheitlich zu verbieten. Eine gute Vorlage dafür sei der Gesetzentwurf des Bundesrates zum Gentechnikgesetz von 2015, den die Grünen deshalb gestern in den Bundestag einbrachten. Er wurde zur Beratung an den Agrarausschuss überwiesen.
Der grüne Gentechnikexperte Harald Ebner kritisierte, dass Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) in seinen Entwurf „bürokratische Hürden und Verschärfungen einbaut, die es nach EU-Recht gar nicht braucht. Schmidts Anbauverbote sollen gar nicht funktionieren“, vermutet Ebner.
Auch die SPD-Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß sagte, an den „Herrn Bundesminister Schmidt“ gewandt, sie sei verwundert, „dass Sie sich selbst auferlegen, mit fünf anderen Ministerien ein Einvernehmen herstellen zu müssen. Mich erstaunt doch, dass Sie den ganzen Prozess freiwillig so enorm verkomplizieren.“ Nach dem Gesetzentwurf ist dieses Einvernehmen erforderlich, wenn der Bundesagrarminister via EU-Kommission ein Anbauverbot für GVO-Pflanzen in Deutschland erwirken will (sog. Opt out). Die Grünen gehen davon aus, dass das gentechnikfreundliche Forschungsministerium einem solchen Vorhaben nicht zustimmen wird.
Drobinski-Weiß kündigte an, Schmidts Entwurf im parlamentarischen Verfahren genau zu prüfen und – wo nötig - auf Änderungen zu drängen. Auch nach ihrer Ansicht wäre es sinnvoll gewesen, sich stärker am Gesetzentwurf des Bundesrates zu orientieren.
Die Linke Kirsten Tackmann lobte den Bundesratsentwurf ebenfalls als „sehr guten Vorschlag zu bundeseinheitlichen Regeln“. Schmidts Entwurf nannte sie ein „Opt-Out-Verhinderungsgesetz“. Die SPD befinde sich hier in „Geiselhaft“ des Koalitionspartners CDU. Würde sie Schmidts Entwurf mittragen, hätte sie jede Glaubwürdigkeit in der Agrogentechnik verspielt.
Überwiegend gentechnikfreundlich äußerten sich die Redner der Unionsfraktion. Für den CDU-Abgeordneten Kees de Vries ist der Entwurf des Agrarministers ein vernünftiger Kompromiss zwischen Bund und Ländern, mit dem klaren Ziel eines flächendeckenden Anbauverbots von grüner Gentechnik in ganz Deutschland. Persönlich schien er von dem Anbauverbot jedoch nicht besonders überzeugt. Nachdem er auf wissenschaftlichen Innovationsbedarf und den Hunger in der Welt verwiesen hatte, sagte er wörtlich: „Trotzdem kann auch ich mit der Opt-out-Regelung leben.“
Das weitere Gesetzgebungsverfahren läuft voraussichtlich folgendermaßen: Der Gesetzentwurf des Agrarministers soll am 2.November im Kabinett beraten werden. Käme er dort durch, hätte der Bundesrat am 16. Dezember Gelegenheit, zum Entwurf Stellung zu nehmen, bevor das Gesetz im Bundestag beraten wird. Nach der Beschlussfassung des Bundestages hätte der Bundesrat die Möglichkeit, gegen den Entwurf als Ganzes Einspruch zu erheben. Der Einspruch wiederum kann vom Bundestag überstimmt werden. Zustimmungspflichtig ist das Gesetz nicht. Wegen der großen Zahl kritischer Stimmen von Länderseite – nicht nur von den grün mitregierten - gehen Beobachter aber davon aus, dass der Bundestag den Bundesrat informell in die Beratungen mit einbeziehen wird. Alles in allem erscheint fraglich, ob das gesamte Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode über die Bühne gehen wird. [vef]