Konzentration der weltgrößten Agrarchemie-Konzerne, Basis: Umsätze 2014 in Milliarden US-Dollar (Konzernatlas 2017/Bloomberg)

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Neuer Konzernatlas zeigt Konzentration der Gentechnik-Giganten

Das Szenario ist bedrohlich: Drei oder vier Großkonzerne auf der Erde besitzen nicht nur den Großteil der Patente für Saatgut. Ihnen gehören auch die passenden Pestizide sowie die Lizenzen für die gentechnischen Verfahren, um solches Saatgut zu züchten. So könnten fusionierte Firmen Bayer/Monsanto, DuPont/Dow und ChemChina/Syngenta die Landwirtschaft, Lebensmittelerzeugung und letztlich die Welternährung kontrollieren, heißt es im neuen „Konzernatlas 2017“, den sechs Organisationen heute vorlegten.

Am Ende beherrschten drei Konzerne mehr als 60 Prozent der Märkte für kommerzielles Saatgut und für Agrarchemikalien, schreiben zwei Autorinnen des Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND). Die Konzerne böten fast alle gentechnisch veränderten Pflanzen dieses Planeten an, warnen Heike Moldenhauer und Saskia Hirtz. Auch die meisten Anmeldungen für das Eigentum an Pflanzen beim Europäischen Patentamt entfielen auf diese drei Konglomerate.

Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger rief in dem Zusammenhang dazu auf, am 21. Januar unter dem Motto "Wir haben es satt" gegen die aktuelle Agrarpolitik zu demonstrieren, die die wachsende Marktmacht einiger weniger Großunternehmen fördere. „Die Interessen von Bayer-Monsanto werden in Zukunft mehr denn je die des Wirtschaftsstandorts Deutschland sein“, warnt der „Konzernatlas 2017“. Die Daten und Fakten über die Agrar- und Lebensmittelindustrie haben neben dem BUND die Heinrich-Böll- und die Rosa-Luxemburg-Stiftung, Oxfam Deutschland, Germanwatch und Le Monde Diplomatique herausgegeben.

Und die Warnung scheint begründet. Denn die Übernahme des US-amerikanischen Saatgutkonzerns Monsanto durch die in Deutschland ansässige Bayer AG wird planmäßig vorangetrieben: Nach der Kaufentscheidung im September 2016 haben im Dezember die Aktionäre von Monsanto zugestimmt. Wie die Firma Bayer weiter mitteilte, hat sie zum Jahreswechsel die ersten Anträge bei den zuständigen Kartellbehörden eingereicht.

Auch der Kampf um die Patente für gentechnische Züchtungsverfahren ist unter den Giganten bereits voll entbrannt. So hat sich Monsanto laut Konzernatlas beim Broad Institute in Cambridge, Massachusetts, eine Lizenz für das neuartige Gentechnikverfahren CRISPR-Cas9 gesichert. Dabei ist noch nicht einmal klar, ob das Institut überhaupt die Rechte daran hat. Denn die Französin Emanuelle Charpentier und die US-Amerikanerin Jennifer Doudna beanspruchen die Erfindung von CRISPR-Cas9 für sich. Und haben sie über ihre Firma Caribou Biosciences bereits an den Saatgutriesen DuPont lizensiert. Auch die Firma Celletics soll Ansprüche auf das CRISPR-Verfahren erheben. Ferner soll Celletics ein Patent für das gentechnische Instrument TALEN besitzen und der Firma Bayer erlaubt haben, es zu nutzen. Auch Syngenta soll Nutzungsrechte daran haben, so der Bericht.

Und der Konzentrationsprozess geht noch weiter. Der hochtechnisierte Markt ist offenbar auch für Landmaschinenhersteller interessant: Der Traktorbauer Deere habe sich bereits vertraglich mit Syngenta, Dow und Bayer verbündet, um die Geräte zu entwickeln, die für die digital geprägte Präzisionslandwirtschaft benötigt werden, heißt es im Konzernatlas: „Die Agrargiganten hoffen, eines Tages klimaangepasstes Saatgut mit äußerst präzisen Pflanz- und Messsystemen zu verbinden.“

Was das klimaangepasste Saatgut angeht, sind die Hersteller aber aller Verfahrensfinessen zum Trotz offenbar noch nicht weit gekommen. Nach einem Bericht der Nürnberger Nachrichten hat Bayercrop eingeräumt, bei der Forschung zu Wetterstress noch ganz am Anfang zu stehen. Auch Monsanto habe bei der Klimatoleranz nach eigenen Angaben noch keine marktfähigen Produkte. Und von den 132 beim Bundesinstitut für Risikobewertung beantragten und teilweise schon zum Verkauf zugelassenen gentechnisch veränderten Lebensmitteln betraf demnach nur ein einziges eine trockenheitsresistente Maissorte. [vef]

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