Ein neues Internetportal bietet Schulklassen ab sofort die Möglichkeit zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema Gentechnik in Landwirtschaft und Ernährung. Damit soll der bisherigen Dominanz industrienaher Unterrichtsmaterialien entgegen gewirkt werden.
Das Portal „Schule und Gentechnik“ enthält zwei Bereiche: einen für Lehrkräfte, einen für Schülerinnen und Schüler. Lehrerinnen und Lehrer finden auf auf „ihren“ Seiten Einführungstexte, Hintergrundinformationen, konkrete Fallbeispiele und Materialien für eine anschauliche Gestaltung des Unterrichts. Außerdem erhalten sie weitergehende Hinweise und Empfehlungen zu Büchern und Filmen.
Schülerinnen und Schüler können in den extra für sie zusammengestellten Seiten auf eigene Faust recherchieren. Einfach und übersichtlich werden sie in die Grundlagen der Agro-Gentechnik eingeführt. Ein Quiz vermittelt spielerisch wichtige Fakten, die Rubrik „Frage des Monats“ eröffnet Diskussionsmöglichkeiten. Videos und Filme bieten – mal auf lustige, mal auf ernste Art und Weise – einen guten Einstieg ins Thema.
„Schule und Gentechnik“ ist ein Projekt des Infodienstes und wurde mit Unterstützung der Stiftung GEKKO und der Gregor Louisoder Umweltstiftung realisiert. Die Inhalte wurden über einen Zeitraum von zwei Jahren von Autorinnen und Autoren aus den Bereichen Biologie, Tiermedizin, Biotechnologie, Agrarwissenschaft und Journalismus erstellt. Lehrkräfte berieten bei der didaktischen Ausrichtung.
Bislang wurde Unterrichtsmaterial zum Thema Gentechnik vor allem von industrienahen Verbänden und Organisationen herausgegeben. In Deutschland gibt es beispielsweise ein Schulportal der Initiative biosicherheit. Dort werden die angeblichen Vorteile der Agro-Gentechnik herausgestellt, kritische Einwände und Hinweise auf gesundheitliche Risiken hingegen beiseite gewischt. Die Seite wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, das der Technologie unter der aktuellen Führung positiv gegenüber steht. Die redaktionellen Inhalte bei biosicherheit stammen von der Agentur Genius, die auch für Gentechnikunternehmen wie Bayer Cropscience, BASF und Syngenta arbeitet, sowie vom Internetdienstleister i-bio, der noch andere PR-Seiten für Gentechnik betreibt, u.a. die des Schaugarten Üplingen. Dort werden Versuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen durchgeführt.
In Niedersachsen besteht seit 2008 eine Kooperation zwischen Landesregierung und privatwirtschaftlichen Geldgebern namens HannoverGEN, durch die die Gentechnik im Unterricht auf positive Weise dargestellt wird. Zu diesem Zweck wurden an einigen Schulen Labore eingerichtet, in denen „durch Experimentieren mehr Wissen über Grüne Gentechnik“ vermittelt werden soll, wie die Regierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Grünen schrieb. Insgesamt wurde vom Land und von Gentechnikfirmen wie der KWS über eine Million Euro für das Projekt locker gemacht.
Noch wesentlich mehr Mittel stehen der Agrochemie-PR im Mutterland der Gentechnik zur Verfügung. In den USA wenden sich Monsanto, Bayer, BASF und Co über einen ihrer Lobbyverbände, dem Council for Biotechnology Information, mit durchsichtigen Broschüren schon an Grundschüler. „Hey kids!“, heißt es da, „dies ist ein Arbeitsbuch für junge Leute wie Euch zum Thema Biotechnologie – einem echt prima Thema! Warum ist es so ein prima Thema? Weil Biotechnologie hilft, die Gesundheit der Erde und der Leute, die sie ihr Zuhause nennen, zu verbessern.“ Schulen, die angesichts klammer öffentlicher Kassen zu kämpfen haben, sind für Gentechnikhersteller offenbar besonders interessant: So lässt Monsanto im Bundesstaat Illinois im Rahmen eines Wettbewerbs fünfstellige Summen in den Mathematik- und Biologieunterricht ausgewählter Schulen fließen.