Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) plant offenbar, dem US-Agrogiganten Monsanto Garantien in Höhe von 40 Millionen Dollar bereitzustellen, damit dieser mehr konventionelles Saatgut und chemische Spritzmittel in Osteuropa vermarken kann. Sollten die Landwirte für die Lieferungen nicht zahlen können, spränge die Bank mit öffentlichen Geldern ein. Wenn sich das Projekt bewährt, soll es auch auf andere Agrochemiekonzerne ausgeweitet werden.
Die endgültige Entscheidung über das „Monsanto Risk Sharing"-Projekt wird die EBRD, die von über 60 Staaten, darunter Deutschland, sowie der EU und der Europäischen Investitionsbank getragen wird, Mitte Januar kommenden Jahres treffen. Zielländer des Vorhabens sind Bulgarien, Ungarn, Russland, Ukraine, Türkei und Serbien. Mit Hilfe der Bankgarantien soll mehr landwirtschaftlichen Betrieben in diesen Staaten Saatgut und Pestizide des Weltmarktführers Monsanto verkauft werden können – ohne finanzielles Risiko für den US-Konzern. Nach Darstellung der EBRD käme dieses Geschäft auch den Landwirten zugute. So heißt es in der Projektbeschreibung: „Monsantos Produkte helfen Bauern, höhere Erträge zu erzielen und dabei mehr natürliche Ressourcen zu schützen, die für die Landwirtschaft essenziell sind.“ Monsanto vertreibt neben gentechnisch verändertem und konventionellem Saatgut vor allem chemische Spritzmittel, beispielsweise das umstrittene Glyphosat (Markenname „Roundup“).
Nach Angaben der Bank soll der Handel mit gentechnisch verändertem Saatgut ausgeschlossen werden. Ein Vertreter der Bank teilte dem Informationsdienst Gentechnik mit, es gebe „Mechanismen" um dies zusammen mit weiteren Partnern zu überwachen. Monsanto müsse der Bank außerdem regelmäßig Bericht erstatten, erklärte der Projektbeauftragte Miljan Zdrale.
Pippa Gallop von der Organisation Bankwatch zweifelt allerdings an der Effizienz dieser Maßnahmen: „Die EBRD überwacht ihre Projekte teilweise, aber es gibt Bereiche in denen die Bank wirklich nicht sicher sein kann und sich einfach auf das Wort der Firma verlassen muss. Falls Monsanto einige GVO in das Saatgut, das es an die landwirtschaftlichen Betriebe verkauft, mischt, kann ich mir nicht vorstellen, wie die EBRD das mitkriegen soll.“ Zudem wies Gallop auf die langfristigen Verträge hin, die Monsanto mit den Landwirten abschließt. In Ländern, wo kein explizites Verbot für den Anbau von Gentech-Pflanzen besteht, könnte das Unternehmen nach einiger Zeit nur noch gentechnisch verändertes Saatgut anbieten, so Gallop. „Die Betriebe müssen das dann entweder anbauen oder den Vertrag brechen, mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt.“
Sollte das Monsanto-Projekt bewilligt werden, wäre es aus Sicht von Bankwatch zumindest „ungewöhnlich“. Normalerweise gewähre die EBRD eher Darlehen als Garantien. Für Gallop stellt das Vorhaben daher „eine Art von Unternehmenswohlfahrt für Monsanto“ dar. Die Bank könnte sich unterdessen auch eine Ausweitung des Projekts auf andere Agrochemiekonzerne vorstellen. Gegenüber dem Informationsdienst Gentechnik sagte Bankvertreter Zdrale, man habe bereits Kontakt zu Syngenta und BASF aufgenommen. Diese hätten zunächst aber weniger Interesse gezeigt als der US-Konkurrent. Dennoch hofft Zdrale, dass sich weitere Firmen beteiligen, wenn das Projekt gut anläuft. Die Garantien für Monsanto würden jeweils für ein Jahr bzw. eine landwirtschaftliche Saison gewährt. Die Bank strebt eine Zusammenarbeit von drei bis fünf Jahren an. Wie Monsanto haben auch Syngenta und BASF neben Gentechniksaatgut Konventionelles und Pestizide im Sortiment.