Einen Tag vor der Volksabstimmung in Kalifornien über die Kennzeichnung von Gentech-Lebensmitteln hat die Gegen-Kampagne der Industrie offenbar erstmals die Führung übernommen. Einer jüngsten Umfrage zufolge wollen nur noch 39 Prozent der Befragten für die Einführung eines verpflichtenden Hinweises auf gentechnisch veränderte Zutaten stimmen, während 50,5 Prozent sich dagegen aussprechen wollen. Die Gentechnik- und Lebensmittelkonzerne haben ihre „Nein“-Offensive mit über 45 Millionen Dollar befeuert.
Die letzten Umfragewerte hatten noch auf einen knappen Sieg der Befürworter einer Gentechnik-Kennzeichnung hingedeutet. Doch die Zahlen des California Business Roundtable und der Pepperdine Universität zeigen nun zumindest, dass die finanziell wesentlich besser ausgestattete PR-Maschinerie der Industrie auf den letzten Metern ihre volle Wirkung entfalten konnte. Mit Werbespots im Fernsehen, Radio und Zeitungen erreicht sie zahlreiche Verbraucher mit der Behauptung, eine Kennzeichnung würde zu spürbaren Mehrkosten für private Haushalte führen.
Die Folgen eines „Ja“ der Kalifornier bei der Abstimmung, die gemeinsam mit der Stimmabgabe für einen der Präsidentschaftskandidaten ablaufen wird, wären für die Hersteller von Gentechnik-Pflanzen, aber auch für große Lebensmittelkonzerne, die in vielen ihrer Produkte auf dem US-Markt gentechnisch veränderte Zutaten einsetzen, unabsehbar. Im, aus ihrer Sicht, schlimmsten Fall droht eine Ausweitung der Kennzeichnungspflicht auf das ganze Land – das wäre wohl mit gravierenden Umsatzeinbußen verbunden.
Deshalb werden keine Kosten gescheut, um die Wähler und Verbraucher zu überzeugen, mit „Nein“ zu stimmen. Innerhalb weniger Tage ist das Budget der Industrie-Kampagne von 40 auf 45 Millionen Dollar gestiegen. Weltmarktführer Monsanto erhöhte seinen Beitrag von 7 auf über 8 Millionen. Auch Konkurrent Dupont und die Lebensmittelhersteller Nestlé und Unilever legten noch mal nach. Die deutschen Gentechnik-Hersteller BASF und Bayer liegen weiter bei je 2 Millionen. Doch sie sind wie Monsanto, Dupont, Nestlé, Coca-Cola, Pepsico, Kraft, Mars und weiteren Größen Mitglieder des Lobbyverbandes Grocery Manufacturers Association – und deren Engagement gegen die Gentechnik-Kennzeichnung ist ebenfalls noch mal stark gestiegen, von zuletzt 375.000 auf über 2 Millionen Dollar.