Das britische Unternehmen Oxitec arbeitet an gentechnisch veränderten Insekten zur Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft. Um die Gentech-Fliegen irgendwann auch in Europa auf den Markt bringen zu können, nimmt die Firma schon jetzt Einfluss auf Behörden. Ein Bericht mehrerer Organisationen zeigt: Von einer Ausgründung der renommierten Oxford Universität hat sich Oxitec zu einer festen Größe entwickelt – deren Führungspersonal vor allem vom Gentechnik-Riesen Syngenta stammt.
In seinen Labors hat Oxitec das Erbgut verschiedener Insekten manipuliert, die beispielsweise Tomaten, Oliven oder Kohl befallen. Diese sollen zu Millionen in die freie Wildbahn entlassen werden, um sich mit den nicht veränderten Artgenossen zu paaren – wobei die weiblichen Nachkommen durch die gentechnische Veränderung noch im Larvenstadium sterben sollen. In der Theorie führt dies zu einem Rückgang der Insektenpopulation.
Doch was wären die Folgen für die biologische Vielfalt? Und was passiert, wenn die Gentech-Larven, die auf oder in den Früchten absterben, in die Nahrungskette gelangen? Darüber möchte man sich in der Biotechnologie-Branche offenbar keine Gedanken machen – und verhindern, dass Andere es tun. Zu diesem Zweck versucht Oxitec an verschiedenen Fronten, die Vorgaben zu Gentech-Insekten zu beeinflussen. Bei der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA hatte das britische Unternehmen bereits Erfolg: In dessen Richtlinien zur Risikobewertung solcher Insekten werden Gesundheitsbedenken und Auswirkungen auf Ökosysteme ausgeklammert. Außerdem werden die gentechnisch veränderten Insekten wiederholt als „steril“, womit nicht-lebensfähig gemeint ist, bezeichnet. Doch die Kritiker dieses Ansatzes gehen davon aus, dass zahlreiche Individuen der Spezies das Erwachsenenalter erreichen und sich weiter ausbreiten könnten.
Dass die EFSA diese Aspekte nicht in Erwägung zog, als sie ihre Richtlinien erarbeitete, überrascht nicht. Denn mehrere der an diesem Prozess beteiligten Sachverständigen, z.B. der Bio-Mathematiker Michael Bonsall, haben Verbindungen zu Oxitec selbst oder zu anderen Unternehmen der Branche. Bonsalls Arbeitgeber, die Uni Oxford, hat in Oxitec investiert. Und Oxitec-Gründer und -Anteilseigner Luke Alphey durfte auf Einladung der EFSA ebenfalls daran mitwirken, den Rahmen für die künftige Bewertung „seiner“ Insekten zu setzen.
Oxitec betreibt allerdings nicht nur in der EU Lobbyarbeit. Auch in den USA, bei der Weltgesundheitsorganisation und dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen hat sich die Firma eingebracht. Für diese Offensive dürfte dem kleinen Unternehmen auch das Know-How des Schweizer Gentechnik-Multis Syngenta zugute kommen. Neben dem Vorstandsvorsitzenden Hadyn Parry haben mehrere Führungskräfte zuvor in verantwortlicher Stellung bei Syngenta gearbeitet. In der Öffentlichkeit möchte sich Oxitec vor allem als Vorreiter bei der Eindämmung von Epidemien wie dem Dengue-Fieber profilieren. Dafür hat es bereits Millionen gentechnisch veränderte Moskitos freigesetzt. Zunächst auf den Cayman Islands, wo es keine regulierenden Gesetze zur Biosicherheit gibt, dann auch in Brasilien und Malaysia.