Die Europäische Kommission hat Polen erneut aufgefordert, ein Anbau-Register für Gentechnik-Pflanzen einzuführen. Sollte binnen zwei Monaten keine Schritte erfolgen, könne sie das Land wegen der Nichteinhaltung von EU-Recht vor Gericht bringen, droht die Kommission. Polen hatte im September angekündigt, den Forderungen nachzukommen. Offenbar sind die Kommissare aber nicht zufrieden. Unterdessen demonstrierten in Warschau am Sonntag mehrere hundert Menschen gegen Agro-Gentechnik.
Polen hat die Direktive zu absichtlichen Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen (2001/18/EC) bislang nicht in nationales Recht überführt. Diese regelt die Registrierung von Gentechnik-Feldern und deren Abstände zu konventionellen Äckern. Der Anbau von Gentechnik ist im Land jenseits der Oder momentan weder erlaubt noch verboten. Gehandelt werden darf gentechnisch verändertes Saatgut jedoch nicht. Noch nicht: Im September teilte die Regierung mit, sie wolle den Handel erlauben. Auch die Fütterung von Tieren mit Gentechnik-Soja wird ab dem Jahr 2016 möglich sein. Nun hat das Kabinett von Premierminister Donald Tusk zwei Monate Zeit, die EU-Kommission davon zu überzeugen, dass sie den Ankündigungen Taten Folgen lässt.
Weil der Anbau in Polen momentan im rechtlichen Graubereich stattfindet, kann nicht offiziell nachvollzogen werden, auf welchen Flächen gentechnisch veränderte Pflanzen wachsen. Nach Schätzungen von Greenpeace Polen waren es im Frühjahr 2012 gut 3.000 Hektar. Das Saatgut dafür konnten sich Landwirte im Ausland besorgen.
Große Teile der polnischen Bevölkerung erwarten von der Regierung unterdessen etwas Anderes als die EU-Kommission: Vergangenen Sonntag gingen in Warschau mehrere hundert Menschen auf die Straße, um gegen die Risikotechnologie zu demonstrieren. In einer Eurobarometer-Umfrage sagten vor zwei Jahren 69 Prozent der Befragten, sie hätten bei Gentech-Lebensmitteln ein ungutes Gefühl. Nur ein Viertel war der Meinung, dass Gentechnik unschädlich für die Umwelt sei.