Mindestens 500 Menschen demonstrierten heute in München gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren und gegen Agro-Gentechnik. Zahlreiche Organisationen aus Natur- und Tierschutz, Landwirtschaft, Medizin, Wissenschaft und Kirchen hatten zu dem Protestmarsch zur Zentrale des Europäischen Patentamtes aufgerufen. Der konkrete Anlass der Demonstration war die „Schrumpeltomate“: Durch herkömmliche Züchtung enthält sie wenig Wasser, um beispielsweise besser zu Ketchup verarbeitet werden zu können. Eine echte Erfindung ist sie nach Ansicht von Kritikern aber nicht. Sollte das darauf bereits gewährte Patent trotzdem bestehen bleiben, könnte dies zu einem Domino-Effekt führen. Heute ist der letzte Tag, an dem Einwände dagegen eingereicht werden können.
Schon jetzt dominieren Agrochemie-Konzerne wie Monsanto, Syngenta, DuPont und Bayer große Teile des weltweiten Marktes für Saatgut. Sie lassen sich sowohl konventionell gezüchtete als auch gentechnisch veränderte Pflanzen patentieren – um später Lizenzgebühren kassieren zu können. Die Initiatoren der heutigen Demonstration fürchten, dass sich die Unternehmen so ihre Vormachtstellung noch weiter ausbauen könnten. Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) warnte während der Abschlusskundgebung: „Wer das Saatgut kontrolliert, kontrolliert unsere Lebensgrundlagen. Wer den Saatgut-Markt kontrolliert, kontrolliert einen der Schlüsselmärkte der Zukunft. Er kontrolliert einen Markt, den es immer geben wird: Der Mensch muss essen.“
Das Europäische Patentamt hat schon 2.000 Pflanzen und 1.200 Tiere unter juristischen Schutz gestellt. Diese Praxis sorgt nicht nur bei Landwirten und zivilgesellschaftlichen Organisationen für Bedenken. Auch das EU-Parlament und der deutsche Bundestag haben die Behörde aufgefordert, keine Patente mehr auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere zu vergeben. Im August musste das Amt ein Patent auf Tierzuchtverfahren zurückziehen. Greenpeace und Misereor hatten dagegen Einspruch eingelegt und kritisiert, es handle sich dabei „nur um eine einfache Geschäftsidee und nicht um eine technische Erfindung.“
Unterdessen wurde allerdings bekannt, dass das Patentamt in diesem Jahr Millionenbeträge als Bonus an seine Mitarbeiter auszahlen will - als Belohnung für glänzende Geschäftszahlen. Für Kritiker führen solche finanziellen Anreize - nach dem Motto: Mehr Patente, mehr Umsatz - in die falsche Richtung.
Das Thema Patente wird auch weiterhin aktuell bleiben. Im Dezember muss das EU-Parlament über das von den Regierungen der Mitgliedsländer geplante Einheitspatent abstimmen. Der Entwurf sieht unter anderem die Einrichtung eines eigenen Patentgerichthofs vor, der keiner Kontrolle unterliegen würde. Für gemeinnützige Organisationen und Einzelpersonen würden juristische Schritte erschwert und deutlich teurer, kritisierte die Initiative „No Patents on Seeds“ kürzlich.