Am Dienstag hat ein Gericht im belgischen Dendermonde Aktivisten wegen des Austauschens von Gentechnik-Pflanzen mit konventionellen Pflanzen auf einem Versuchsfeld zu Freiheits- und Geldstrafen verurteilt. Die Tat wurde als Bildung einer kriminellen Vereinigung bewertet. Die Verteidigung schätzt das Urteil als gefährlichen Präzedenzfall ein, der Auswirkungen auf alle Arten von Zivilverfahren haben könnte.
Das Verfahren bezog sich auf eine gewaltfreie Aktion am 29. Mai 2011, bei der mehr als 400 Bürger am Rand eines Versuchsfeldes mit gentechnisch veränderten Kartoffeln auf die Problematik der Gentechnik in der Landwirtschaft aufmerksam machen wollten. Elf Aktivisten durchbrachen trotz hohen Polizeiaufgebotes die Sicherheitsabsperrungen und ersetzten 20 transgene Kartoffel-Pflanzen durch konventionell gezüchtete Pflanzen, die die gleichen Resistenzeigenschaften aufweisen.
Die Aktivisten, die die Pflanzen vertauschten, wurden laut der Zeitung De Standaard zu bis zu achtmonatigen Haftstrafen mit und ohne Bewährung, Geldstrafen und 25.000 Euro Schadenersatz verurteilt. Die 91 „freiwilligen Angeklagten“, die aus Solidarität mitangeklagt werden wollten, wurden vom Gericht abgelehnt. Die Angeklagten wurden in Abwesenheit verurteilt, Anträge der Verteidigung auf Ladung von Experten und Zeugen wurden abgelehnt.
Die Wissenschaftlerin Barbara Van Dyck wurde zu 6 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung und 550 Euro Geldstrafe wegen eines Gesprächs mit der Presse während der Aktion verurteilt. Ihre Teilnahme an der Demonstration hatte schon kurz nach der Aktion für Aufmerksamkeit gesorgt. Ihre Solidarität brachte ihr die Entlassung von der Universität Leuven ein. Daraufhin bildete sich eine Unterstützer-Gruppe, die diese Sanktion als unverhältnismäßig und als einen Verstoß gegen die akademische Freiheit und die Meinungsfreiheit wertete.
Die belgischen Feldbefreier sehen das gefällte Urteil als völlig überzogen an. „Das ist absurd“, sagte der holländische Angeklagte Tjerk Dalhuisen. „Falls das belgische Rechtssystem glaubt, das sei der Weg, uns ruhig zu stellen, dann irren sie sich. Wir werden unseren Kampf für eine nachhaltige Landwirtschaft ohne Gentechnik und Pestizide fortsetzen. Wir wollen keine Versuchskaninchen der Industrie sein und wir werden uns weiter Gehör verschaffen“. Der Anwalt der Angeklagten bemängelte, dass die Video-Clips der Aktion nicht berücksichtigt und kein unabhängiger Ermittlungsrichter zugezogen wurde. Er fasste die Klage als „Schuss ins Herz der Demokratie“ zusammen. [keh]