Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hat zwei Gentechnik-Aktivisten über längere Zeit telefonisch überwacht. Von der Abhöraktion war auch ein Journalist der Frankfurter Rundschau in Hessen betroffen. Nach eigenen Angaben gehörte der Vorgang zu den Ermittlungen im Fall einer Versuchsfeldzerstörung in Sachsen-Anhalt im Jahr 2011. Die Ermittlungen seien eingestellt, die Telefonüberwachung beendet worden, teilte ein Staatsanwalt laut einem Bericht auf Indymedia vor kurzem schriftlich mit. Politiker der SPD und der Grünen im hessischen Landtag fordern Aufklärung.
Nach der Zerstörung eines Felds mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Üplingen, bei dem einem Wachmann das Funkgerät und ein Wachbuch abgenommen worden waren, ermittelten die Magdeburger Staatsanwälte wegen Raub. Sie verdächtigten die Aktivisten und Journalisten Benjamin Volz und Jörg Bergstedt, der auch ein Buch zu den „Seilschaften der Agro-Gentechnik zwischen Firmen, Behörden, Lobbyverbänden und Forschung“ veröffentlicht hat. Die Ermittlungen wurden mittlerweile jedoch eingestellt. Gegenüber der Frankfurter Rundschau erklärte die Behörde, das Mobiltelefon Bergstedts sei von September bis Dezember 2011 abgehört worden. Dieser glaubt aber, dass die Überwachung wesentlich länger dauerte – ungefähr eineinhalb Jahre. Dafür spricht, dass die Staatsanwaltschaft Bergstedt erst Anfang Februar diesen Jahres über die Einstellung der Maßnahme unterrichtete. Laut des Indymedia-Berichts fungierte Bergstedt zur Zeit der Telefonüberwachung auch als Prozessverteidiger für einen weiteren Gentechnik-Aktivisten.
Nach Angaben der Frankfurter Rundschau wurde im November 2011 auch ein Telefonat ihres hessischen Landtagskorrespondenten Pitt von Bebenburg mit Bergstedt abgehört. Die Magdeburger Behörde wolle aber nicht mitteilen, ob dabei klar gewesen war, dass es sich um einen Telefonanschluss des Parlaments handelte, schreibt die Zeitung. Oppositionspolitiker im Landtag fordern eine Erklärung der Innen- und Justizministerien. Der Grünen-Abgeordnete Jürgen Frömmrich bezeichnete die Überwachung als „im höchsten Maße skandalös“ und plädierte für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Auch die SPD-Parlamentarierin Nancy Faeser kritisierte das Vorgehen der Behörden. Es müsse geklärt werden, ob dieses noch verhältnismäßig gewesen sei. Die Aktivisten selbst wollen laut Indymedia juristisch Beschwerde einlegen und die Ermittlungsakten einsehen. [dh]