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Freihandel mit USA sorgt weiter für Bedenken

„Große Chance für Verbraucher und Landwirte“ oder „Mogelpackung“? Kurz vor dem Start der Verhandlungen gehen die Meinungen zum geplanten Freihandelsabkommen mit den USA immer noch weit auseinander. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will ein möglichst breites Paket, Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) eines mit Abstrichen, zivilgesellschaftliche Organisationen am liebsten gar keines. Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich am Freitag auf ein gemeinsames Mandat geeinigt, mit dem die Europäische Kommission in die Verhandlungen gehen wird. Bis zu einem Abschluss könnten mindestens zwei Jahre vergehen.

Für die FDP ist die Sache klar: Freihandel führe zu mehr Wirtschaftswachstum. Deshalb brauche man das Abkommen, mit dem Zölle und andere Handelshemmnisse zwischen EU und USA abgebaut werden sollen. Wirtschaftsminister Rösler war denn am Freitag auch zufrieden. Nun könnten die Verhandlungen endlich losgehen, freute sich der FDP-Chef, nachdem die zuständigen Minister aller 27 EU-Staaten das Mandat beschlossen hatten. So konnte er auch verschmerzen, dass sich Frankreich mit seinem Anliegen durchsetzte, die Film- und Fernsehbranche vorerst auszuklammern.

Zuvor hatte Röslers Ministerium für ein „umfassendes und ambitioniertes Abkommen“ plädiert. Man hoffe, die Verhandlungen in zwei Jahren abschließen zu können, hieß es in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen. Zwar erklärte Röslers Staatssekretär Stefan Kapferer darin auch, bei „sensiblen“ Themen wie Gentechnik müssten die EU-Standards weiterhin gelten – allerdings könnten jene Vorgaben auch „jederzeit“ geändert werden. Kabinettskollegin Ilse Aigner wurde da konkreter. Sie pochte auf die Einhaltung der Vorschriften bei Gentechnik: „Wir haben hier Kennzeichnungspflicht bei Lebensmitteln, die wollen wir natürlich einhalten, und bei nicht in Deutschland oder beziehungsweise in der Europäischen Union zugelassenen Konstrukten gilt 0,0 und das soll auch in Zukunft gelten“, sagte die CSU-Politikerin im Deutschlandfunk. Das Thema Saatgut, bei dem Teile der schwarz-gelben Koalition und der Agrarindustrie ebenfalls eine Aufweichung der Gentech-Nulltoleranz fordern, erwähnte die Ministerin nicht.

Insgesamt sei das Freihandelsabkommen jedenfalls eine „große Chance für Verbraucher und Landwirte“, meinte Aigner. Das sehen 22 Organisationen aus Landwirtschaft, Umweltschutz, Entwicklungs- und Handelspolitik sowie Jugendorganisationen anders. Sie bezeichnen das Vorhaben als „Mogelpackung“. Parlamente und Öffentlichkeit würden nicht ausreichend informiert, im Agrarsektor seien „alle Errungenschaften des europäischen Verbraucherschutzes in Gefahr.“ Denn Washington drängt auf weitere Marktöffnung für transgene Pflanzen. „Wir wollen durch so ein Abkommen nicht das dominierende rückständige und großindustrielle Agrarmodell der USA aufgezwängt bekommen“, erklärte Bernd Voß von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Das zivilgesellschaftliche Bündnis organisiert am morgigen Dienstag eine Protestaktion in Berlin.

Auch der EU-Parlamentarier Martin Häusling (Die Grünen) warnte davor, den Agrarsektor für noch mehr Gentechnik-Organismen und „Chlorhähnchen“ von jenseits des Atlantiks. „Eine Kennzeichnungspflicht alleine, wie sie Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner vorschlägt, reicht keinesfalls aus, um die gewünschte Transparenz herzustellen“, kritisierte Häusling in einer Pressemitteilung. Werde die Landwirtschaft nicht aus den Verhandlungen ausgenommen, sehe er „weit mehr Nach- als Vorteile auf Europa zukommen.“ [dh]

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