Das Gentechnik-Schulprojekt „HannoverGEN“ wird nicht unter neuem Namen fortgeführt. Das umstrittene Projekt sei wie vorgesehen Ende Juni ausgelaufen, erklärte eine Sprecherin des niedersächsischen Kultusministeriums dem Informationsdienst Gentechnik. Die Labore sollen für den Biologie-Unterricht genutzt werden, ein Konzept werde gerade erarbeitet – das Thema Agro-Gentechnik werde aber nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Auch sei – anders als unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung - keine finanzielle Förderung „durch privatwirtschaftliche Unternehmen aus dem Bereich Gentechnik“ geplant. Vor einem Monat hatte die WirtschaftsWoche gemeldet, die rot-grüne Landesregierung wolle „HannoverGEN zum Experimentieren mit Gentechnik unter anderem Namen wieder starten“.
Das SPD-geführte Bildungsministerium in Hannover will nach Angaben der Sprecherin in den Laboren künftig „forschungsbasiertes experimentelles Lernen und damit verbunden den Erwerb von ethischer Bewertungskompetenz“ ermöglichen. Die Konzentration auf die „grüne Gentechnik“ werde aufgegeben, über eine etwaige Verlagerung auf medizinische oder industrielle Anwendung der Technologie („rote“ bzw. „weiße“ Gentechnik) sei noch nicht entschieden. Klar sei jedoch, dass die bisherigen Unterrichtsmaterialien, die aus Sicht von Kritikern die Agro-Gentechnik sehr positiv darstellen, nicht weiter verwendet werden. Wer künftig die wissenschaftliche Begleitung des Laborunterrichts übernehme, stehe noch nicht fest – bislang waren das Wissenschaftler der Universitäten Oldenburg und Hannover.
Der Unterricht in den Laboren soll ausgewogen sein. So werde es „nach Auslaufen des Projektes HannoverGen keine einseitige Beteiligung von Gentechnikbefürwortern oder –gegnern mehr“ geben, fügte die Sprecherin hinzu. Ansonsten vertraue man den Lehrkräften, „bei kontroversen Themen im Unterricht ausgewogen und transparent zu informieren und die kritische Meinungsbildung zu fördern.“ Die Koordination solle das Schulbiologiezentrum Hannover übernehmen. Bis Anfang 2014 könne aber ohnehin nur regulärer Biologie-Unterricht stattfinden. Mit den Schulträgern spreche das Ministerium zurzeit über die künftige Finanzierung. Gentechnik-Unternehmen sollen daran nicht mehr beteiligt werden.
Die frühere Koalition von CDU und FDP hatten beispielsweise die Saatgut-Firma KWS Lochow GmbH sowie den Verband der Chemischen Industrie in geringem Umfang eingebunden – den Großteil des über eine Million Euro teuren Projekts trug aber das Land. Kritiker sahen in „HannoverGEN“ eine Form der „Akzeptanzbeschaffung“ für die Agro-Gentechnik, die von den meisten Bürgerinnen und Bürgern abgelehnt wird. „Bis in die Sprache hinein erweisen sich die Materialien als suggestiv. Pro-Argumente werden häufig als Fakten dargestellt, contra-Argumente häufig lediglich als Möglichkeit“, schrieb beispielsweise der Umweltchemiker und Biologe Heribert Wefers in einer Analyse. In einer Umfrage sagten 65 Prozent von über 1.000 Befragten, sie glaubten nicht an einen ausgewogenen Unterricht in den „HannoverGEN“-Laboren. [dh]