Im November wird im US-Bundesstaat Washington über eine Kennzeichnung von Gentechnik-Zutaten in Lebensmitteln abgestimmt. Anders als in der Europäischen Union besteht in den USA bislang keine Verpflichtung, solche Inhaltsstoffe auf der Verpackung anzugeben. Um die Wähler zu überzeugen, geben Befürworter und Gegner große Summen aus. Es ist zu vermuten, dass die Lebensmittel- und Agrarindustrie am Ende jedoch über die weitaus größere Kampagnenkasse verfügt.
Laut der Zeitung Seattle Times liegen beide Seiten momentan etwa gleichauf bei circa drei Millionen Dollar. Zu den Befürwortern eines Gentech-Labels gehört etwa der Seifenhersteller Dr. Bronner’s Magic Soaps, der allein 950.000 Dollar bereitstellte. Die größte Einzelspende für die Kennzeichnungsgegner betrug bisher 1,75 Millionen. Sie wurde am letzten Freitag von der Grocery Manufacturers Association locker gemacht. Die Organisation vertritt die Interessen zahlreicher Lebensmittelhersteller wie Nestlé, PepsiCo oder Unilever. Aber auch die Agrarkonzerne Monsanto, Syngenta, Bayer und Dow gehören zu den Mitgliedern. Sie verdienen Milliarden mit gentechnisch verändertem Saatgut und Pestiziden.
Die Einführung einer Gentechnik-Kennzeichnung könnte diesen Unternehmen wirtschaftlich schaden – viele Verbraucher würden wohl nach Alternativen in den Supermarktregalen suchen. Und auf Washington könnten weitere Bundesstaaten folgen, verschiedene Gesetzesinitiativen sind unterwegs. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Gentechnik-Hersteller und die Lebensmittelproduzenten, die ihre Pflanzen verarbeiten, noch weitere Mittel in die Kampagne gegen die Kennzeichnung pumpen werden.
Ähnlich war dies bei der bislang einzigen – und äußerst wichtigen – Abstimmung in Kalifornien, in dem mehr kaufkräftige Bürger leben als in vielen Ländern. Am Ende scheiterten die Befürworter von Gentech-Labels knapp an den Wahlurnen. Die Industrie hatte mehr als 40 Millionen Dollar investiert, um genau das zu erreichen. Davon kamen laut der Initiative California Right to Know allein acht Millionen von Monsanto und jeweils zwei Millionen von den deutschen Agrochemie-Firmen BASF und Bayer. Die Befürworter der Kennzeichnung hatten hingegen „nur“ neun Millionen Dollar zur Verfügung.
Die Debatte um eine verpflichtende Kennzeichnung ging danach aber weiter. Mittlerweile spricht sich die übergroße Mehrheit der US-Bürger und zahlreiche Politiker für ein Gesetz aus, das mehr Transparenz beim Lebensmittelkauf verspricht. [dh]