Die nächsten sieben Jahre der EU-Agrarpolitik nehmen feste Gestalt an. Ein Ausschuss des europäischen Parlaments stimmte kürzlich für eine Kompromisslösung mit Kommission und Mitgliedsstaaten. Die gestern aus dem Amt geschiedene Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) zeigte sich erleichtert: man habe den deutschen Bauern „eine gute Perspektive gesichert.“ Für dringend nötige ökologische Reformen bleibt aber kaum noch Geld aus den üppigen Fördertöpfen übrig. Mehr noch: auf den ohnehin kleinen Flächen, auf denen der Artenschutz durch schonende Verfahren Vorrang haben sollte, sei der Einsatz von Pestiziden und sogar von Gentechnik möglich, kritisierte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW).
„Wir haben über Jahre hart und erfolgreich verhandelt, einseitige Kürzungen zulasten unserer Landwirte verhindert und den bäuerlichen Betrieben in Deutschland eine gute Perspektive gesichert“, freute sich Aigner zum Ende ihrer Dienstzeit. Die CSU-Politikerin kehrt nach Bayern zurück, wahrscheinlich auf einen Ministerposten im Kabinett von Horst Seehofer. Gänzlich anders bewertete der grüne Europaparlamentarier Martin Häusling den Abschluss der EU-Verhandlungen. Aus seiner Sicht hat sich Deutschland unter Aigner vor allem für große, industriell arbeitende Betriebe stark gemacht, die ohnehin schon den Großteil der Subventionen von über 50 Milliarden Euro erhalten. Leider habe sich das von konservativen Parteien dominierte EU-Parlament in den Verhandlungen „über den Tisch ziehen lassen“, so Häusling. Seine Fraktion werde die Ergebnisse daher nicht mittragen.
Auch der BÖLW, der Dachverband der Bio-Branche in Deutschland, zeigte sich enttäuscht. „Mit ihrer Zustimmung zum Agrarkompromiss hat die überwiegende Mehrheit der Mitglieder des EU-Agrarausschusses die Chance vertan, die europäische Agrarpolitik wirklich ökologischer zu gestalten“, sagte der BÖLW-Vorsitzende Felix Prinz zu Löwenstein. „Dem Reformpaket fehlen klare Regelungen, um auf ökologischen Vorrangflächen Pestizide, Mineraldünger und gentechnisch veränderte Pflanzen zu verbieten.“ Dass die Nutzung von Gentechnik-Pflanzen, die in der EU zurzeit nur in Spanien in größerem Umfang angebaut werden, auf sensiblen Flächen nicht explizit ausgeschlossen wird, hält Löwenstein für „verantwortungslos“. Dies widerspreche dem Wunsch der allermeisten Verbraucher. „Europas Bürgerinnen und Bürger wollen mit ihren Steuermilliarden eine wirklich ökologische Agrarpolitik unterstützen.“ [dh]