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Regierungssprecher kündigt Enthaltung Deutschlands an

Deutschland wird sich bei der Abstimmung über eine EU-Anbaugenehmigung für den gentechnisch veränderten Mais 1507 enthalten. Das erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert gegenüber Journalisten. Damit ist es sehr wahrscheinlich, dass die insektengiftige Pflanze des US-Konzerns Dupont bald auf europäischen Äckern wachsen darf.

Ohne die deutschen Stimmen kann es im EU-Ministerrat nicht zu einer qualifizierten Mehrheit kommen. Für die sind 260 von 352 Stimmen nötig, Deutschland verfügt wie andere große EU-Staaten über 29. Bei einem Patt fällt die Entscheidung an die Europäische Kommission. Sie hat bereits angekündigt, den gentechnisch veränderten Mais zulassen zu wollen. Die deutsche Enthaltung ist das Resultat einer Uneinigkeit der Großen Koalition: die Kanzlerin und mit ihr die CDU befürwortet die Agro-Gentechnik, die CSU und die SPD sind skeptisch.

Ein Sprecher von Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erklärte, auch ein deutsches „Nein“ hätte nicht ausgereicht, um die Zulassung des Gentech-Maises zu verhindern. Rein rechnerisch stimmt das, da zur qualifizierten Mehrheit gegen den Mais noch circa 60 Stimmen gefehlt hätten. Momentan zeichnen sich auf EU-Ebene 176 Nein-Stimmen ab, wie der Informationsdienst erfuhr. Nähme auch die Bundesregierung eine kritische Position ein, wären es 205 Stimmen gegen die Zulassung.

Allerdings hätte ein klarer Kurs Berlins und eine Zusammenarbeit mit Paris, das den Gentech-Anbau vehement ablehnt, möglicherweise weitere Mitgliedsstaaten überzeugen können. Einer EU-Quelle zufolge schwankt beispielsweise Rumänien (14 Stimmen), das bislang als Gentechnik-Befürworter galt. Auch Italien, die Slowakei und Bulgarien hätten im Vergleich zu ersten Abstimmung über 1507, die bereits 2009 statt fand und ergebnislos blieb, ihre Meinung geändert, so die Quelle. Die drei Mitgliedsstaaten hatten sich damals enthalten, nun wollen sie gegen den Gentechnik-Mais stimmen. Das jüngste EU-Mitglied, Kroatien, hat ebenfalls ein Nein angekündigt.

Darüber hinaus wäre ein Nein der Bundesregierung auch ein Signal an die eigene Bevölkerung gewesen, die Gentechnik auf Acker und Teller deutlich ablehnt. „Die Bundesregierung macht  gegen den Willen der eigenen Bevölkerung den Weg frei für den Anbau einer höchst problematischen Genmaissorte in Europa“, kritisierte Heike Moldenhauer, Gentechnikexpertin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Im Koalitionsvertrag hätten CDU/CSU und SPD die Skepsis der Wähler noch anerkannt. „Jetzt zeigt sich: Die Interessen der Agrarkonzerne und des großen Handelspartners USA gehen bei Schwarz-Rot über die Verbraucherinteressen und den Umweltschutz“, bemerkte Moldenhauer auch mit Blick auf die Freihandelsgespräche mit den USA.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner sprach von einer „Ohrfeige“ für die gentechnikkritischen Verbraucher in Deutschland. Für ein Umdenken sei es aber noch nicht zu spät. Die Entscheidung auf EU-Ebene fällt am kommenden Dienstag im Rat der Außenminister. „Ich zähle darauf, dass sich Angela Merkel angesichts des öffentlichen Drucks etwa durch Aktionen wie den Campact-Online-Appell mit fast 200.000 TeilnehmerInnen in zwei Tagen noch besinnen wird“, gab sich Ebner optimistisch. „Die CSU- und SPD-Regierungsmitglieder und die Parteichefs Seehofer und Gabriel müssen das ihre dazu beitragen, die Kanzlerin noch umzustimmen.“ [dh]

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