Der gentechnisch veränderte Mais 1507 wird wohl bald die Zulassung zum Anbau in der EU erhalten. Die Europaminister der Mitgliedsstaaten debattierten heute in Brüssel, viele betonten, dass die Mehrheit der Bürger keine Gentechnik auf dem Acker wollen. Auch das Zulassungsverfahren wurde kritisiert. Letztlich reichte es aber nicht für die nötigen 260 Nein-Stimmen. Deutschland blieb bei einer Enthaltung - die einer Zustimmung gleich kommt.
Während einige EU-Staaten noch umschwenkten und gegen die Zulassung der Pflanze des US-Konzerns Dupont votierten – darunter die Niederlande, Rumänien und Irland – enthielt sich die deutsche Bundesregierung. Staatsminister Michael Roth aus dem Auswärtigen Amt vertrat Deutschland im Rat für Allgemeine Angelegenheiten. Insbesondere Frankreich, Ungarn und Bulgarien kritisierten das derzeitige Zulassungsverfahren, das ermögliche, dass der gentechnisch veränderte Mais nun zugelassen wird, obwohl nur fünf der 28 Mitgliedsstaaten mit „Ja“ gestimmt haben. Sie regten eine Reform des Komitologieverfahrens an. Es brauche mehr Transparenz und ein Prozedere, das man der überwiegend gentechnik-kritischen Öffentlichkeit erklären könne. Der französische Europaminister Thierry Repentin warnte davor, dass solche Entscheidungen Europaskeptikern bei den Wahlen im Mai in die Hände spielten.
Nur Spanien – das einzige EU-Land, in dem derzeit gentechnisch veränderter Mais auf nennenswerten Flächen angebaut wird – Großbritannien, Schweden, Finnland und Estland stimmten für die Zulassung des insektengift-produzierenden Maises 1507. Vier Länder enthielten sich, nämlich Deutschland (29 Stimmen), Portugal, Tschechien und Belgien (je 12 Stimmen). Die übrigen 19 sagten „Nein“ zum transgenen Mais. Das bedeutete eine Mehrheit von 210 gegenüber 77 Stimmen – für eine gültige Entscheidung sind jedoch 260 der insgesamt 352 Stimmen nötig. Nun liegt die endgültige Entscheidung bei der EU-Kommission. Verbraucherkommissar Tonio Borg bekräftigte bei der Debatte noch einmal, dass die Kommission verpflichtet sei, den Gentechnik-Mais zuzulassen, wenn sich die Mitgliedsstaaten nicht einigen können. Ein Vertreter des juristischen Diensts der EU stützte Borgs Argumentation. Daraufhin regte Frankreich an, die Kommission könne ihren Antrag auf Zulassung noch zurückziehen, so lange die Minister nicht abgestimmt hätten. Borg lehnte das ab.
Bevor er in den EU-Ländern angebaut werden darf, muss der genmodifizierte Mais nun noch ins Sortenregister eingetragen werden. Da Dupont den Antrag ursprünglich in Spanien gestellt hatte, erfolgt zuerst der Eintrag ins spanische Register. Danach darf der Gentech-Mais auf die europäischen Äcker, vermutlich wird dies jedoch erst 2015 möglich sein. Borg erinnerte in der Debatte noch einmal an den Vorschlag der Kommission, den Staaten mehr Möglichkeiten einzuräumen, den Anbau transgener Pflanzen auf ihren Territorien zu verbieten. Auch einige Europaminister hatten dafür plädiert. Der Vorschlag steckt seit einigen Jahren fest, Borg will die Debatte darüber nun in den nächsten Wochen wieder beleben. [dh]