Die meisten Landesregierungen lehnen den Anbau der gentechnisch veränderten Maissorte 1507 ab. Bislang haben sie aber noch keine gemeinsame Linie gefunden. Während Baden-Württemberg hofft, dass die Genehmigung des transgenen Maises doch noch gestoppt werden kann, schlägt Bayern vor, einen alten Vorschlag der EU für mehr nationale Kompetenzen aufzuwärmen. Der stieß schon damals auf heftige Kritik von Umweltschützern – Deutschland, Frankreich und Großbritannien lehnten ihn ab.
Der Landwirtschaftsminister Baden-Württembergs, Alexander Bonde (Grüne), forderte den zuständigen EU-Kommissar Tonio Borg auf, von der Zulassung des Gentech-Maises abzusehen. Die Mehrheit der europäischen Bürger lehne die Agro-Gentechnik ab, argumentierte der Minister. Aus Verbraucherschutzsicht sei es am besten, den insektengiftigen Mais 1507 gar nicht erst zum Anbau zuzulassen. Verbraucherkommissar Borg hat in dieser Sache das letzte Wort, weil sich die Mitgliedsstaaten in Brüssel nicht auf ein Ja oder Nein zum Gentech-Mais einigen konnten. Deutschland hatte sich der Stimme enthalten.
Es könnte sein, dass Baden-Württemberg – vermutlich zusammen mit anderen rot-grün-regierten Bundesländern - die Bundesregierung auffordern wird, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Staaten künftig leichter Anbauverbote erlassen können. Laut Nachrichtenagentur dpa hat die grün-rote Parlamentsmehrheit in Stuttgart Bonde bereits zu einer solchen Initiative gedrängt.
Unterdessen hat Bayern schon einen Antrag in den Bundesrat eingebracht, über den wohl in der Sitzung am 14. März abgestimmt wird. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer will so die Bundesregierung dazu bringen, „für ein Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedsstaaten beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen einzutreten und im EU-Rat den entsprechenden Vorschlag der Kommission vom 13. Juli 2010“ zu unterstützen.
Auch die Kommission selbst hat ihren Vorschlag, der lange auf Eis lag, in der Debatte um 1507 wieder aufgetaut. Sie will den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit geben, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auf ihren Territorien auch dann zu untersagen, wenn sie keine Hinweise auf Umwelt- oder Gesundheitsrisiken vorlegen können – das ist bislang die Voraussetzung. Was sich zunächst gut anhört, wurde allerdings häufig als rechtlich angreifbar kritisiert. Beispielsweise sah die Umweltschutzorganisation BUND in dem Vorschlag „gefährliches Blendwerk“, da im Gegenzug die laufenden Zulassungsverfahren beschleunigt werden sollten. Außerdem könnten die Agrarkonzerne die Verbote leicht über Klagen wieder aushebeln, so die Befürchtung. In Richtung der Regierungen lautete die Forderung: „Sie müssen darauf bestehen, nationale Anbauverbote auf einer sicheren Rechtsgrundlage erlassen zu können.“
Zum Vorschlag der Kommission gab es 2011 einen Gegenvorschlag des Umweltausschusses des EU-Parlaments, der sich unter anderem für eine striktere Risikoprüfung auf EU-Ebene aussprach. Er fand letztlich aber kein Gehör, auch ein Kompromissversuch Dänemarks, das zu der Zeit die EU-Ratspräsidentschaft inne hatte, scheiterte. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Belgien lehnten die Vorstöße ab. Der dänische Vorschlag war auch deshalb kritisiert worden, weil er direkte Verhandlungen zwischen den Regierungen und den Gentechnik-Konzernen über etwaige Verbote vorsah.
Für ein nationales Verbot sprach sich letzte Woche auch der Agrarminister Mecklenburg-Vorpommerns, Till Backhaus (SPD), aus. Dabei müsse es sich aber um ein einheitliches Nein handeln, erklärte der Minister und kündigte ebenfalls eine Bundesratsinitiative an. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass es keinen nationalen Flickenteppich geben wird und die Zulassung von vornherein nicht ermöglicht wird. Denn die Pflanzen bzw. Pollen machen vor Ländergrenzen keinen Halt.“ Backhaus kritisierte noch einmal die Bundesregierung für ihre Enthaltung bei der Abstimmung über die Zulassung des Gentech-Maises 1507.
Außerdem forderte er, dass sich die Regierung auf EU-Ebene dafür einsetzt, dass Milch, Fleisch und Eier künftig gekennzeichnet werden müssen, wenn die Tiere mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden. „Das Dilemma der Kennzeichnungsregeln bei gentechnisch veränderten Lebensmitteln und Futtermitteln hat die Bundesregierung ebenfalls seit Jahren ignoriert. Bereits 2008 gab es einen Bundesratsbeschluss auf Initiative des Landes MV, hier endlich auf europäischer Ebene Klarheit ohne Ausnahmen herzustellen.“ [dh]