Der Umweltausschuss des EU-Parlaments hat heute über die Kennzeichnung von Honig, der Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen enthält, abgestimmt. Dabei gaben die Fachpolitiker ihren bisherigen Widerstand gegen das Vorhaben auf, Pollen so umzudefinieren, dass auch Gentechnik-Honig ohne Hinweis verkauft werden könnte. Die Entscheidung muss noch vom Plenum und den Regierungen der Mitgliedsstaaten bestätigt werden.
Laut einer Mitteilung der europäischen Grünen stimmte die Mehrheit der Abgeordneten im Ausschuss für einen Kompromissentwurf, den Kommission, Parlament und Vertreter der Mitgliedsstaaten ausgehandelt hatten. Die Initiative war von der Kommission ausgegangen, die damit nach Ansicht von Imkern und anderen Gentech-Kritikern ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2011 aushebeln will – die Richter hatten geurteilt, dass Honig mit mit Pollen von transgenen Pflanzen als Lebensmittel mit Gentechnik-Zutaten anzusehen ist und daher gekennzeichnet werden muss. Die Kommission bestreitet das.
„Mit der heutigen Abstimmung ist der Umweltausschuss eingeknickt und hat, entgegen seiner ursprünglichen Empfehlung vom November 2013 dafür gestimmt, Honig nicht kennzeichnen zu lassen. Damit haben die Abgeordneten den Imkern und den Bienen ein Bärendienst erwiesen“, kommentierte der Grünen-Abgeordnete Martin Häusling. „Da die EU Honig aus Ländern importiert, die GVO anbauen und zwei der wichtigsten Honig produzierenden Mitgliedstaaten (Spanien und Rumänien) den Anbau von GVO-Mais zugelassen haben, ist quasi besiegelt, dass mit GVO-Pollen kontaminierter Honig ungekennzeichnet in die Regale gelangen wird“, schrieb der Politiker in einer Mitteilung.
Enttäuscht zeigte sich auch die Organisation Foodwatch, die über 40.000 Unterschriften für Transparenz beim Honig gesammelt hatte. „Die knappe Entscheidung der Parlamentarier ist eine herbe Niederlage für die europäischen Verbraucher. Die stets versprochene Wahlfreiheit der Verbraucher bei Agrar-Gentechnik im Essen wird mit einem perfiden Definitionstrick ausgehebelt“, sagte der stellvertretende Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt.
Auch Rapshonig aus Ländern wie Kanada, wo fast ausschließlich gentechnisch veränderter Raps angebaut wird, müsste keine Hinweise tragen. Bevor die Änderung der Honigrichtlinie wirksam wird, müssen noch das Plenum des EU-Parlaments und der Ministerrat zustimmen, das könnte im April und Mai geschehen. Im Rat wird es besonders auf die Bundesregierung ankommen. Enthält sich Deutschland, könnte zusammen mit eher gentechnik-kritischen Staaten wie Frankreich, Luxemburg und Ungarn eine Sperrminorität erreicht werden – das Vorhaben wäre dann erst mal gescheitert. Deutschland hat sich in Gentechnik-Fragen in Brüssel häufig enthalten. Schwarz-Rot hat aber schon durchblicken lassen, dass es nicht mehr am EU-Kompromiss rütteln will.