In Lateinamerika stehen weitere Freisetzungen gentechnisch veränderter Moskitos bevor. Im Laufe des Tages soll die brasilianische Biosicherheitsbehörde darüber entscheiden, ob in dem Land erstmals auch der kommerzielle Einsatz der Gentech-Insekten erlaubt wird. Sie sollen laut der Firma Oxitec das Dengue-Virus zurückdrängen. Mehrere Organisationen warnen vor unabsehbaren Risiken. Auch in Panama darf Oxitec laut eigenen Angaben die Moskitos für Versuche in einer Wohngegend freisetzen.
In Brasilien haben bereits Freilandexperimente mit den gentechnisch veränderten Insekten stattgefunden, eine kommerzielle Genehmigung gibt es aber noch nicht. Nun könnte sie gewährt werden, obwohl Oxitec die Ergebnisse der bisherigen Versuche noch immer nicht veröffentlicht hat, kritisieren drei lateinamerikanische und eine britische NGO. „Es gibt keine Daten, die belegen, dass dieser Gentechnik-Moskito tatsächlich die Verbreitung von Dengue reduziert“, gibt Gabriel Fernandes von der brasilianischen Organisation AS-PTA zu bedenken.
Auch Helen Wallace von der britischen Gruppe GeneWatch hält die Insekten für ineffektiv und riskant. Die gentechnisch veränderten Moskitos sollen sich mit natürlichen Partnern der Ägyptischen Tigermücke (Aedes aegypti) fortpflanzen, die das Dengue-Virus übertragen kann. Die Nachkommen sterben aufgrund des eingebauten Gens, sagen zumindest die Entwickler. So soll die Population zurückgedrängt werden. Allerdings könnte die Lücke von anderen Stechmücken wie der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) gefüllt werden, die das Virus ebenfalls auf Menschen übertragen kann, so die NGOs.
Die Kritiker halten die Risiken durch die Gentechnik-Moskitos für viel zu wenig erforscht. Sie glauben, dass Sicherheitsbedenken zugunsten wirtschaftlicher Gewinne beiseite geschoben werden. Dabei verweisen sie auch auf Verbindungen des Oxitec-Managements zum schweizerischen Agrochemiekonzern Syngenta. Erst kürzlich kam ein weiterer Ex-Syngenta-Mann dazu: Simon Warner ist neuer Chief Scientific Officer der Firma, teilte Oxitec in seinem April-Newsletter mit. Er hatte zuvor unter anderem 17 Jahre für den Schweizer Gentechnik-Riesen gearbeitet. [dh]