Der US-Bundesstaat Vermont muss sich vor Gericht gegen die Spitzenverbände der Lebensmittelindustrie verteidigen. Hintergrund: als einer der ersten Staaten des Landes hat Vermont kürzlich eine Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Zutaten beschlossen. Für Gentechnik- und Snackfoodunternehmen steht viel auf dem Spiel. Deshalb haben sie nun Klage eingereicht.
Zu den Mitgliedsunternehmen der klagenden Verbände gehören die Größen der Branche, darunter Coca-Cola, Pepsico und Nestlé sowie Agrochemie-Konzerne wie Monsanto und Dow. Sie befürchten, dass Verbraucher in Vermont ihre Produkte künftig im Regal liegen lassen könnten, wenn diese den Hinweis „genetically modified“ tragen. Laut dem beschlossenen Gesetz soll das ab 2016 Vorschrift sein. Viele Fertiggerichte, Snacks und Limonaden in den USA enthalten Zucker aus gentechnisch veränderten Rüben oder Öl aus Gentech-Soja.
In ihrer Klageschrift berufen sich die Grocery Manufacturers Association (GMA) und die anderen Verbände unter anderem auf die in der Verfassung garantierte Redefreiheit. Durch das Kennzeichnungsgesetz in Vermont werde ihnen auferlegt, eine Meinung zu verbreiten, die nicht die ihrige sei: nämlich, dass die Verwendung von Gentechnik-Zutaten für die Verbraucher eine relevante Information darstelle.
Natürlich geht es den Konzernen nicht wirklich um das vermeintlich bedrohte Recht auf freie Meinungsäußerung. Sie fürchten vielmehr einen Dominoeffekt: wenn weitere Bundesstaaten die Gentech-Kennzeichnung vorschreiben – einige haben bereits Gesetze erlassen, die aber noch nicht in Kraft getreten sind – könnten ihre Produkte weniger Absatz finden. Das gilt sowohl für die Lebensmittelbranche als auch die Hersteller des gentechnisch veränderten Saatguts und der dazu passenden Chemikalien.
Der Generalstaatsanwalt von Vermont stellt sich laut einem Medienbericht jedenfalls schon auf einen heißen Kampf vor Gericht ein. Verbraucherschutz-NGOs wie das Center for Food Safety kündigten an, Vermont gegen den „unverantwortlichen Anriff der GMA“ zu unterstützen. Im Rest der Welt hielten sich die Unternehmen an die Kennzeichnungsgesetze, doch in Vermont wolle sie die Verbraucher „im Dunkeln halten“.
In der EU und vielen anderen Staaten müssen Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Zutaten enthalten, gekennzeichnet werden. Versuche von Unternehmen wie Nestlé, Gentech-Snacks auf den europäischen Markt zu bringen, scheiterten – die Produkte endeten als Ladenhüter.
Unterdessen scheiterte ein erneuter Anlauf für eine Gentech-Kennzeichnung in Kalifornien. Der Entwurf verfehlte im Senat knapp die nötige Mehrheit. In Umfragen befürworten gut 90 Prozent der US-Amerikaner die Einführung von Gentech-Hinweisen. [dh]