Die Regierung bereitet eine Änderung des Gentechnik-Gesetzes vor. Strittig ist, ob künftige Anbauverbote einheitlich von Berlin oder aber einzeln von jeder der 16 Landesregierungen verhängt werden sollen. Letzteres würde zu einem Flickenteppich von Feldern mit und ohne Gentechnik-Pflanzen führen, fürchten NGOs. Dem SPD-geführten Umweltministerium übergaben sie heute mehr als 320.000 Unterschriften, die binnen einer Woche gesammelt worden waren. Die Forderung: auf die Koalitionspartner CDU/CSU einzuwirken, um Gentech-Mais auf dem Acker zu vermeiden.
CSU-Agrarminister Christian Schmidt hatte vorgeschlagen, dass jedes Bundesland einzeln den Anbau von Gentechnik-Pflanzen verbieten soll – oder eben nicht. Das halten Umwelt-, Verbraucher- und Landwirtschaftsverbände für bürokratisch und rechtlich unsicher. „Damit droht ein Flickenteppich – und Gentechnik könnte zurück auf unsere Felder kommen“, kritisierte Christoph Bautz von Campact bei der Übergabe der Unterschriften an Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth. „Die SPD-Minister haben es jetzt in der Hand, ob Gentechnik-Pflanzen bundesweit verboten werden können – und damit Politik für die Menschen im Land gemacht wird.“
Der Staatssekretär bekräftigte bei der Unterschriftenübergabe, das Umweltministerium wolle ebenfalls ein bundesweites und von der Bundesregierung ausgesprochenes Verbot.
Benny Härlin von Save our Seeds erklärte, ein Nebenher von Gentechnik-Anbau und Gentechnik-Verboten biete keinen Schutz. „Pollen von Gentech-Pflanzen macht nicht an Landesgrenzen halt – Wind und Insekten tragen ihn darüber hinweg. Schmidts Kleinstaaterei wäre das Ende der Gentechnikfreiheit in Deutschland.“
„Der Anbau von Gentechnik-Pflanzen in Deutschland würde Lebensmittel teurer machen, weil gentechnikfrei wirtschaftende Landwirte und Lebensmittelverarbeiter mehr Aufwand treiben müssten, um Verunreinigungen zu verhindern“, warnte Peter Röhrig, Geschäftsführer des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). „Denn bisher kommen diejenigen, die Gentechnik nicht anbauen wollen, für die Schäden auf. Daher ist nur ein bundesweites Anbauverbot der richtige Weg, um auch zukünftig nicht nur gute, sondern auch bezahlbare gentechnikfreie Lebensmittel herzustellen. Denn die wünschen sich die Kunden.“
Für eine zentrale Entscheidung in Berlin haben sich auch die meisten Bundesländer und das Bundesamt für Naturschutz ausgesprochen.
Es ist schon das zweite Mal, dass die Regierung eine so große Zahl an Unterschriften zur Gestaltung der Gentechnik-Anbauverbote entgegen nimmt. Erst im Dezember hatten die Gentech-Kritiker Landwirtschaftsminister Schmidt 250.000 Unterschriften überreicht. Dabei ging es um die Frage, ob EU-Staaten, die den Anbau von transgenen Pflanzen verhindern wollen, sich vor einem Verbot zunächst zwingend um eine freiwillige Lösung mit dem Antragsteller - meist Konzerne wie Monsanto oder Bayer - bemühen müssen.
In zähen Verhandlungen wurde diese kontroverse Bedingung auf Druck des Europaparlaments gestrichen. Nun können die Unternehmen zwar gefragt werden, ob sie auf den Anbau im jeweiligen Land verzichten - es ist aber nicht vorgeschrieben. [dh]