Der Bundesrat beharrt auf einer „grundlegenden Änderung des Zulassungsverfahrens“ für Gentechnik-Organismen. Am Freitag erinnerte die Länderkammer daran, dass EU-Staaten und -Parlamentarier das schon vor Jahren gefordert hatten. Einem Gesetzesentwurf, der einheitliche Gentechnik-Anbauverbote in Deutschland garantieren soll, schlossen sich zwei weitere Länder an - darunter auch das schwarz-grüne Hessen.
„Der Bundesrat weist darauf hin, dass schon seit vielen Jahren grundsätzliche Kritik am Zulassungsverfahren auf EU-Ebene für gentechnisch veränderte Pflanzen sowie Lebens- und Futtermittel geäußert wird“, heißt es in der am Freitag beschlossenen Stellungnahme. Darin wird auf entsprechende Appelle der EU-Umweltminister und der Europaabgeordneten in den Jahren 2008 und 2011 verwiesen. „Der Bundesrat bittet vor diesem Hintergrund die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene für eine Änderung des Zulassungsverfahrens von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in dem Sinne einzusetzen, dass die Risikoanalyse nicht ausschließlich von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit erfolgt und die Kommission nicht ohne Zustimmung der Mitgliedstaaten GVO zulassen kann.“
Die Lebensmittelbehörde (EFSA) schätzt die Risiken von Gentechnik-Pflanzen ein, die in der EU zugelassen werden sollen. Die zuständigen Experten werden jedoch häufig als zu industrie-nah kritisiert – auch im kürzlich neu besetzten Gentechnik-Gremium sitzen nach Ansicht des Vereins Testbiotech Wissenschaftler mit zu engen Kontakten zu Industrielobbyisten des International Life Sciences Institute (ILSI). Die Zulassung von GVO erfordert die Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten – meistens kommt es jedoch zu einem Patt. Unter anderem Deutschland enthält sich häufig der Stimme. In diesem Fall kann die EU-Kommission entscheiden, was in der Regel bedeutet: grünes Licht für die Gentechnik-Pflanzen.
In der Debatte um nationale Anbauverbote per sogenanntem Opt-Out haben mehrere Länder – alle mit einem grünen Agrarminister - einen Gesetzentwurf vorgelegt. Dieser sieht vor, dass die Bundesregierung das Verbot, bestimmte Gentechnik-Pflanzen in Deutschland anzubauen, einheitlich und für das gesamte Bundesgebiet erlässt. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) plädiert bislang dafür, dass jedes Bundesland einzeln entscheiden soll. Dem Antrag, der zur Beratung an die Bundesratsausschüsse weitergeleitet wurde, schlossen sich am Freitag auch Thüringen und Hessen an. Damit ist auch eine schwarz-grüne Koalition auf Konfrontationskurs mit dem CSU-Minister in Berlin.
Der Vorschlag Brüssels, das Opt-Out auch auf Lebens- und Futtermittel aus Gentechnik-Pflanzen auszuweiten, stieß im Bundesrat hingegen auf Skepsis. Zwar teilten die Länder „grundsätzlich das Anliegen der Kommission, die Selbstbestimmung der Mitgliedstaaten bei der Verwendung genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel in ihrem Hoheitsgebiet stärken zu wollen“. Doch der vorgelegte Entwurf der Kommissare sei nicht rechtssicher genug, so die Stellungnahme der Bundesländer, die hier allerdings nur kommentieren können. Auf EU-Ebene verhandelt die Kommission mit den Regierungen der Mitgliedstaaten und dem Parlament. [dh]