Eine Studie, wonach Glyphosat bei Mäusen Krebs auslösen könnte, sorgt für weitere Diskussionen um den meist verkauften Herbizidwirkstoff. In der Kritik steht eine Bundesbehörde: sie soll Politik und Öffentlichkeit nicht informiert haben. Die Behörde weist das zurück – die Effekte der Tieruntersuchung seien „toxikologisch nicht relevant“. Für heute wird die Veröffentlichung eines umfassenden Berichts der WHO-Krebsforschungsagentur IARC erwartet. Diese hat Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend bei Menschen“ eingestuft.
Laut dem ARD-Magazin FAKT hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in einem vertraulichen Papier notiert, eine auf zwei Jahre angelegte Fütterungsstudie habe „sehr begrenzte Evidenz einer Kanzerogentität“ von Glyphosat erbracht. Die Behörde ging zudem davon aus, dass den Experten der IARC diese Studie nicht vorgelegen habe – ansonsten hätten sie sie wohl als wichtigstes Argument für die Einstufung von Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ herangezogen.
Wie FAKT berichtet, wurde das BfR-Papier nun an die Abgeordneten des Agrarausschusses im Bundestag verteilt. Der Grünen-Politiker Harald Ebner ist verärgert: bislang habe die Behörde in der Debatte betont, es gebe keine Hinweise auf eine krebserregende Wirkung. „Deutschlands oberste Risikobehörde kehrt eigene Erkenntnisse unter den Teppich und unterstellt den WHO-Krebsexperten sogar, ihnen ginge es nicht um eine unabhängige, wissenschaftsbasiere Bewertung der Krebsgefahr von Glyphosat, sondern stattdessen nur um eine Bestätigung der eigenen Vorurteile“, so der Abgeordnete. „Das ist skandalös. Die Bundesregierung muss dringend aufklären, was für Interessen hinter diesem vollkommen verantwortungslosen Verhalten des BfR stecken.“
Das BfR reagierte heute auf die Kritik. Man habe schon im Januar bei einem öffentlichen Symposium auf die Studie hingewiesen. In der Untersuchung seien zwar Krebserkrankungen bei Mäusen, denen Glyphosat ins Futter gemischt worden war, festgestellt worden. Doch die Behörde hält die Ergebnisse für „toxikologisch nicht relevant“. Denn den Mäusen sei extrem viel Glyphosat verabreicht worden, zudem gebe es bei dem Mäusestamm „eine hohe Spontaninzidenz an malignen Lymphomen“. Und außerdem sei der Krebseffekt in anderen Studien nicht erneut beobachtet worden.
Über Glyphosat wird heftig gestritten, seit die WHO-Krebsforschungseinrichtung IARC das Mittel im März als „wahrscheinlich krebserregend“ für Menschen eingestuft hat. Heute soll die Agentur mit Sitz in Lyon den vollständigen Bericht veröffentlichen, für den ihre Experten hunderte Studien ausgewertet haben. [dh]