Dossier

Bienen, Honig & Gentechnik

Bienen gehören neben Rindern und Schweinen zu den wichtigsten Nutztieren in Deutschland. Sie bestäuben ca. 80 % aller Blüten. Ohne die Arbeit der Bienen wäre unsere Nahrungsgrundlage bedroht. Umso besorgniserregender, dass die Bienenbestände zurückgehen und Imker Nachwuchsprobleme haben.

Gentechnik-Verunreinigung von Honig

Bienen haben einen Flugradius von mehreren Kilometern. Sie sammeln Pollen und Nektar von vielen blühenden Pflanzen - auch von gentechnischen. Zwar sollen Imker nicht haften, wenn ihre Bienen andere Felder kontaminieren. Doch wer haftet, wenn der Honig kontaminiert wird?

Der Deutsche Imkerbund (D.I.B.), der rund 100.000 Imker vertritt, fordert daher ein „bundesweites und einheitliches Anbauverbot für künftige wie für bereits zugelassene GVO (…) Der Flugradius der Bienen wird es den Imkereien unmöglich machen, in GVO-Anbauregionen Bienenprodukte entsprechend den Qualitätserwartungen der Verbraucher und des Handels unter wirtschaftlichen Bedingungen herzustellen.“

 

Standorte: Imker vs. Gentech-Landwirte

Wenn in Deutschland beispielsweise gentechnisch veränderter Mais angebaut würde, müssten Imker versuchen, ihre Bienenstöcke kilometerweit entfernt zu platzieren, um Verunreinigungen des Honigs auszuschließen. Je mehr Gentechnik wächst, desto schwieriger wäre es für sie, geeignete Standorte zu finden. Andersherum gilt: Würde der Schutz der Bienen und Imker konsequent durchgesetzt, könnte kaum Gentechnik angebaut werden.

Bienenschäden

Es kann sein, dass Bienen durch Bt-Toxine, dem Insektengift, das Gentechnik-Pflanzen wie der Mais MON810 freisetzen, geschädigt werden. Hans-Hinrich Kaatz  von der Universität Hallte stellte beispielsweise durch Versuche zunächst fest, dass Bienen durch das Bakteriengift nicht beeinträchtigt werden. Als sie jedoch zufällig an Parasiten erkrankten, was bei Bienen häufig vorkommt, starben aus der Gruppe, die über längere Zeit ausschließlich mit Bt-Maispollen gefüttert wurden wesentlich mehr Tiere, als aus der Versuchsgruppe mit herkömmlicher Fütterung. "Der Versuch musste schon nach vier Wochen abgebrochen werden. Diese unerwarteten Ergebnisse legen nahe, dass zwischen den Krankheitserregern und dem Bt-Gift eine Wechselwirkung besteht", so Kaatz in einer Stellungnahme im Bienen-Journal (4/2007).

Auch Glyphosat, das Herbizid, das auf vielen Gentechnik-Feldern systematisch versprüht wird, da die genmanipulierten Pflanzen dagegen resistent sind, könnte Bienen Schaden zufügen. Wissenschaftler der Freien Universität Berlin und der Universität Buenos Aires fanden heraus, dass Bienen, die eine Zuckerlösung mit geringen Mengen Glyphosat aufgenommen hatten, länger brauchten, um zurück in den Stock zu finden und dabei Umwege flogen. Ihr Orientierungssinn hatte sich also verschlechtert – auch bei Glyphosatmengen, die üblicherweise in der Landwirtschaft zu finden seien, so die Forscher.

Kennzeichnung von Gentechnik im Honig

Seit dem „Honig-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im September 2011 waren gentechnische Verunreinigungen im Honig kennzeichnungspflichtig oder der Honig gar nicht verkehrsfähig. Da Pollen laut gerichtlichem Urteil als Zutat galt, unterlag der Honig den Kennzeichnungsregelungen von Gentechnik in Lebensmitteln. Die gentechnik-freundliche EU-Kommission unter Jose-Manuel Barroso versuchte daher, Pollen umzudefinieren - mit Erfolg. Im Mai 2014 stimmten die Regierungen der Mitgliedstaaten einer Änderung der Honigrichtlinie zu, so dass Pollen künftig als „natürlicher Bestandteil“, nicht mehr als Zutat, geführt wird. Deutschland enthielt sich nicht - wie sonst so häufig bei Abstimmungen über Gentech-Organismen – sondern stimmte der Änderung zu.

Die Folge: Honig, der Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen enthält, muss nicht gekennzeichnet werden. Das ist vor allem bei Importhonigen relevant, zum Beispiel bei kanadischem Rapshonig, da dort kaum noch gentechnik-freier Raps angebaut wird.

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Was zuvor geschah...

Imker-Klagen

Der Eintrag von Gentechnik in Honig kann die wirtschaftliche Existenz eines Imkers bedrohen. Denn Verbraucherinnen und Verbraucher wollen gentechnikfreie Lebensmittel und Imker wollen keinen Gentech-Honig produzieren, was schwierig sein kann: Denn arbeitet ein Imker in der Nähe eines Gentech-Mais-Feldes, lassen sich ziemlich schnell gentechnisch veränderte Bestandteile im Honig nachweisen.

In Deutschland ist der Anbau von Gentechnik-Mais MON810 zwar derzeit verboten - das könnte sich aber ändern, wenn die überfällige Verlängerung der EU-Anbauzulassung für den Monsanto-Mais um weitere 10 Jahre beschlossen wird (das deutsche Verbot wäre dann vorerst ausgehebelt). Außerdem stehen auch andere gentechnisch veränderte Mais-Sorten kurz vor der Zulassung in der EU.

EuGH bestätigt Imker: Honig muss frei von Gentechnik-Pollen sein

Honig, der mit gentechnisch veränderten Pollen verunreinigt wurde, ist nicht verkehrsfähig. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2011. Auch ungewollte und geringste Mengen führen dazu, dass der Honig nicht mehr verkauft werden darf. Es reiche nicht, dass der Gentechnik-Mais MON810 eine Zulassung zum Anbau habe. Das Bündnis zum Schutz der Bienen vor Agro-Gentechnik, Mellifera, feierte damit einen großen Erfolg.

Bekannt wurde der Fall des Imkers Karl-Heinz Bablok aus Bayern, der in seinem Honig GVO-Spuren fand und daraufhin seine gesamte Ernte vernichten musste. Weil deutsche Behörden der Auffassung waren, dass derartige Verunreinigungen toleriert werden müssen, zog er mit Hilfe von Mellifera vor Gericht und verklagte den Freistaat Bayern auf Schadensersatz. Wegen ungeklärter Fragen europäischen Rechts legte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof dem EuGH 2009 einige Punkte zur Entscheidung vor. Dieser entschied im Sinne der Imker und Verbraucher, die Gentechnik in Lebensmitteln überwiegend ablehnen.

Anschließend musste der Bayerische Gerichtshof darüber entscheiden, ob auch Schutzansprüche, z.B. auf größere Mindestabstände zwischen Imkerstand und Gentechnik-Feld, bestehen. Das verneinten die Richter, denn solche Maßnahmen seien "unverhältnismäßig". Bablok zog vor das Bundesverwaltungsgericht, das ihn im Oktober 2013 aber ebenfalls abwies. Die Bundesrichter argumentierten, der Pollen des Gentech-Mais MON810 werde künftig wohl auch als Lebensmittel zugelassen sein, dadurch sei der Fall gegenstandlos.

Im August 2015 bekam Bablok immerhin 6.000 Euro Schadensersatz vom Freistaat Bayern zugestanden - laut seinen Anwälten beliefen sich seine Kosten aber auf das Doppelte.

Pressemitteilung des Imkerbündnisses (06.09.11)

Pressemitteilung EuGH (06.09.11)

Urteil EuGH (06.09.11)

Urteil Bundesverwaltungsgericht (24.10.13)

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