Vor einer Woche wurde in einem EU-Ausschuss über zwei neue Gentechnikpflanzen diskutiert. Bei der Abstimmung über die Importzulassung für den Gentech-Mais MIR 162 des Saatgutkonzerns Syngenta kam zunächst keine qualifizierte Mehrheit zustande. Die deutsche Bundesregierung enthielt sich der Stimme. Ende September wird erneut abgestimmt. Beobachter gehen davon aus, dass es wieder zu einem Patt kommen wird. Anschließend kann die EU-Kommission dem Mais grünes Licht zur Einfuhr und Verarbeitung erteilen.
Neben Deutschland enthielten sich bei der Abstimmung laut eines Medienberichts auch Frankreich, Italien und Bulgarien, während z.B. Österreich, Ungarn, Polen und Griechenland gegen MIR 162 votierten. Sollte sich die Bundesregierung auch bei der nächsten Runde im Berufungsausschuss nicht für ein „Nein“ entscheiden können, liegt die Zulassung des Gentech-Mais wohl in den Händen von EU-Verbraucherkommissar John Dalli, der für seine positive Haltung zur Agro-Gentechnik bekannt ist.
Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) dürfte sich deshalb weitere Kritik von Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen und der Opposition anhören müssen. Bereits vor der Abstimmung, bei der sich die Regierung enthielt, hatten die Grünen die Ministerin für ihre Informationspolitik gegenüber dem Parlament gescholten. Der Grünen-Abgeordnete Harald Ebner kritisierte Aigner, da sie sich nicht klar hatte äußern wollen. „Offenbar will Ministerin Aigner nicht zugeben, dass sie sich intern längst dazu entschlossen hat, die Importzulassung klammheimlich durchzuwinken - wie in fast allen vorherigen Fällen auch“, schrieb Ebner in einer Pressemitteilung.
In der Antwort auf eine Anfrage des Parlamentariers hatte das Landwirtschaftsministerium auf die Prüfung des Gentechnik-Mais durch die europäische Lebensmittelbehörde EFSA verwiesen. Es gebe demnach keine Risiken für Umwelt und Gesundheit. Das Gutachten der EFSA wird allerdings vom unabhängigen Institut Testbiotech angezweifelt, da die toxikologischen Auswirkungen des MIR 162-Mais gar nicht untersucht worden seien. Durch die gentechnische Veränderung setzt der Mais ein Gift frei, das Insekten abtöten soll. Die Langzeitfolgen dieses Gifts auf die Nahrungskette und die menschliche Gesundheit sind unbekannt.
Der EU-Ausschuss sprach vergangene Woche auch erstmals über die Gentechnik-Soja 40-30-2, die gegen das Herbizid Roundup (Glyphosat) immun ist. Der US-Konzern Monsanto hat beantragt, diese gentechnisch veränderte Sojapflanze auch in der EU anbauen zu dürfen. Ihre Bohnen dürfen bereits seit Mitte der Neunziger Jahre importiert und verarbeitet werden. Mit einer Anbaugenehmigung würde jedoch eine neue Dimension erreicht. Noch hat der Ausschuss darüber nicht abgestimmt. Wie sich Deutschland dann verhalten wird, ist noch unklar. In seinem Schreiben an den grünen Parlamentarier Ebner teilte das Bundesagrarministerium jedenfalls mit, man werde „nach sorgfältiger Prüfung unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben für die Zulassung eine auf den Einzelfall bezogene Position festlegen.“ Und wieder findet sich der Verweis auf die umstrittene EFSA und deren Urteil: 40-3-2 sei „so sicher wie herkömmliche Sojalinien“, es bestünden keine gesundheitlichen und ökologischen Risiken.