In den USA werden seit 1996 gentechnisch veränderte Pflanzen im großen Stil angebaut. Seitdem hat der Verbrauch von Pestiziden um sieben Prozent zugenommen - das sind 183 Millionen Kilogramm. Und es könnte noch deutlich mehr werden, wenn weitere herbizidresistente Gentech-Pflanzen die Zulassung erhalten. Dies geht aus einer Studie der Washington State Universität hervor, die Ende September im Fachjournal Environmental Sciences Europe erschien.
Der Agrarökonom Charles Benbrook hat für seine Untersuchung offizielle Daten von Behörden des US-Landwirtschaftsministeriums ausgewertet. Das Ergebnis: Der Anbau von herbizidresistenten Pflanzen, die den Einsatz von Chemikalien wie Roundup (Glyphosat) des Konzerns Monsanto überleben, führte zu einem Anstieg des Spritzmittelverbrauchs um 239 Millionen Kilogramm zwischen 1996 und 2011. Gleichzeitig wurde die Anwendung von Insektiziden im Zuge des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen, die ein eigenes Gift zur Insektenabwehr produzieren, um 56 Millionen Kilo verringert. Unter dem Strich bleibt jedoch ein Mehrverbrauch von 183 Millionen Kilo.
Die Reduzierung des Insektizideinsatzes durch Pflanzen, denen ein Gen des Bacillus thuringiensis (Bt) eingesetzt wird, bedeutet außerdem nicht, dass wirklich weniger Gift auf dem Acker ist. Denn die Gentechnik-Pflanzen sondern selbst große Mengen toxischer Stoffe ab, teils sogar mehr als Landwirte versprühen. Der Smartstax-Mais, der von den Agrochemiekonzernen Monsanto und Dow Agrosciences zusammen entwickelt wurde, produziert beispielsweise mehrere Gifte gegen zwei verschiedene Insekten. Dadurch ist die Insektizid-Belastung pro Hektar gar 19-mal höher als bei durchschnittlichem Einsatz der Bauern, rechnet Benbrook vor.
Der Autor befürchtet, dass der Einsatz von Chemikalien auf den Gentechnik-Feldern in Zukunft sogar noch zunehmen könnte. Denn in den USA breiten sich aufgrund der massiven Behandlung mit Pestiziden sogenannte Superunkräuter aus. Sie haben sich an die gängigen Spritzmittel wie Glyphosat angepasst und stellen die Landwirte nun vor echte Probleme. Diese können laut Benbrook einen Teil ihrer Ernte nicht mehr einfahren, während die Kosten für die Bekämpfung der resistenten Unkräuter um 50 bis 100 Prozent pro Hektar gestiegen seien.
Auch die Industrie hat dies erkannt und besinnt sich daher auf ältere, noch giftigere Spritzmittel. Zulassungsanträge für neue Gentech-Pflanzen, die beispielsweise das alte 2,4-D tolerieren, liegen der Regierung bereits vor. Sollten sie durchkommen, könnte der Einsatz der Chemikalie, die auch in dem im Vietnamkrieg verwendeten Entlaubungsmittel Agent Orange enthalten war, bis 2019 um das Dreißigfache zunehmen. „So ein dramatischer Anstieg könnte höhere Risiken von Geburtsfehlern und anderer Fortpflanzungsprobleme, ernstere Auswirkungen auf aquatische Ökosysteme und häufigeres Auftreten von Abdrift und Schäden an nahegelegenen Pflanzen bedeuten“, warnt Benbrook. Und auch 2,4-D könnte nur kurzzeitig Verbesserungen bei der Unkrautbekämpfung bringen: Mehrere Unkräuter hätten bereits Resistenzen auch gegen dieses Spritzmittel entwickelt.
Ein Umsteuern bei der Gentechnik-Industrie erwartet der Agrarökonom nicht. Sie setze stattdessen auf neue, herbizidresistente Pflanzen, die gleich zusammen mit mehreren Spritzmitteln verkauft werden können.