Hat der Agrochemie-Konzern Monsanto ein international renommiertes Wissenschaftsjournal unterwandert? Ja, glauben zwei Kritiker der Pflanzen-Gentechnik. Ihr Vorwurf: Das Magazin Food and Chemical Toxicology habe zu Beginn des Jahres eine neue Expertenstelle für Biotechnologie geschaffen – und mit einem früheren Monsanto-Mitarbeiter besetzt. In dem Journal war vergangenen Herbst eine Studie des französischen Wissenschaftlers Gilles-Eric Séralini veröffentlicht worden, die transgenem Mais hohe Gesundheitsrisiken attestierte.
Die Séralini-Studie hatte weltweit für Aufsehen gesorgt und eine heftige Debatte ausgelöst. Industrie-Lobbyisten, aber auch europäische und deutsche Behörden, bezeichneten die Untersuchung als unseriös. Verschiedene Wissenschaftler verteidigten sie jedoch. Sie sei wesentlich besser als alles, was die Gentechnik-Hersteller selbst veröffentlicht hätten – und worauf sich die Behörden bei der Zulassung von gentechnisch veränderten Produkten berufen. Vor allem die mit zwei Jahren ungewöhnlich lange Versuchsdauer wurde hervorgehoben. Das Journal Food and Chemical Toxicology musste sich jedenfalls harsche Kritik von Gentechnik-Befürwortern anhören.
Mit der Schaffung der neuen Position des „Associate Editor for Biotechnology“ will der Verlag Elsevier – einer der wichtigsten Wissenschaftsverlage weltweit – wohl künftigen Attacken vorbeugen. Die Besetzung könnte sich dafür allerdings als nicht sehr geeignet herausstellen. Mit Richard Goodman holte man sich zwar einen Ernährungsfachmann der Universität Nebraska ins Boot. Dieser arbeitete jedoch von 1997 bis 2004 für Monsanto. Noch 2012 hielt er Vorträge auf Veranstaltungen des International Life Sciences Institute (ILSI), einer Lobbygruppe der Gentechnik-Industrie. Seine Berufung in die Redaktion des Magazins werfe daher „dringende Fragen“ auf, so Claire Robinson von Earth Open Source und Jonathan Latham von Independent Science News.
Vor vier Jahren geriet das Verlagshaus Elsevier schon einmal in die Schlagzeilen. Eine australische Tochterfirma hatte jahrelang Hefte voller Pharma-PR als Fachmagazine getarnt. Darin fanden sich Aufsätze über Medikamente, beispielsweise des Merck-Konzerns. „Peinliche Panne“, urteilte der Spiegel. Ein Elsevier-Verantwortlicher räumte ein, dass man für die Sammelpublikationen mit Titeln wie „Australasian Journal of Bone and Joint Medicine“ bezahlt worden war.