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EU-Behörde sträubt sich gegen Langzeit-Studien

Um die Risiken von gentechnisch veränderten Pflanzen festzustellen, fordern Wissenschaftler und Umweltaktivisten seit Jahren, lang angelegte Untersuchungen durchzuführen. Bislang gibt es nur vereinzelt Fütterungsstudien – die sehr kurz sind und zudem von der Industrie selbst durchgeführt werden. Auch die EU-Kommission hat erkannt, dass sich an diesem Prozedere etwas ändern muss. Sie will deshalb selbst testen, ob Gentechnik-Futter bei Ratten Krebs hervorruft. Doch die zuständige Lebensmittelbehörde (EFSA) sträubt sich.

In einer Besprechung äußerten Mitglieder der Wissenschaftskommission der Behörde Zweifel am Nutzen solcher Langzeitstudien, solange kein „klares Ziel“ anvisiert werde, berichtet das Fachmedium EU Food Policy unter Berufung auf das Sitzungsprotokoll. Außerdem solle die krebserregende oder anderweitig gesundheitsschädliche Wirkung von transgenen Pflanzen nur dann genauer unter die Lupe genommen werden, wenn Kurzuntersuchungen entsprechende Hinweise geliefert haben, finden die EFSA-Fachleute.

An diesem Punkt ist Widerspruch von Gentechnik-Kritikern vorprogrammiert. Sie monieren, dass die bislang von der Industrie freiwillig vorgelegten Fütterungsstudien nur 90 Tage dauern. In drei Monaten könnten die Gesundheitsgefahren aber nicht sicher ausgeschlossen werden. Dafür seien längere Tests nötig – so wie die Studie des französischen Wissenschaftlers Gilles-Eric Séralini. Nach ihrer Veröffentlichung im letzten Herbst nahm die Debatte um Gentechnik-Risiken rasante Fahrt auf. Séralini hatte Ratten zwei Jahre lang mit dem Monsanto-Mais NK603 gefüttert – und deutlich erhöhte Krebsraten sowie Organschäden festgestellt. Die EFSA hielt von der Untersuchung jedoch nichts, genau so wenig wie die Biotechnologie-Industrie. Eine offizielle Studie der Europäischen Kommission will die Behörde aber offenbar auch nicht unterstützen.

Hinter dieser Blockadehaltung vermuten die britischen Gentech-Gegner von GM Watch Interessenkonflikte. Sie verweisen auf die Rolle Joe Perrys, dem Vorsitzenden des EFSA-Gentechnik-Gremiums. Er vertrat in der Sitzung der Wissenschaftskommission diejenigen Experten der Behörde, die sich mit der Agro-Gentechnik befassen. Perry wurde bereits 2011 – damals war er noch Vizevorsitzender – vorgeworfen, zu enge Kontakte zu den Herstellern der transgenen Pflanzen zu haben. So habe er Geld von einer Firma kassiert, die mit den Branchengrößen Monsanto, Bayer und BASF zusammen arbeite, um Versuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen durchzuführen, die anschließend in den Verkauf gehen sollten, hieß es in einem Bericht von Corporate Europe Observatory.

Außerdem habe er bis 2006 für ein privates Forschungsinstitut gearbeitet, das von den Gentech-Konzernen Syngenta, DuPont und Dow finanziert wurde. Perry selbst gibt an, noch 2007 als Berater für das britische Rothamsted Research Institute tätig gewesen zu sein. Das Institut führt umstrittene Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen durch. Es wird hauptsächlich von der Regierung in London finanziert, erhält aber auch Mittel aus der Privatwirtschaft. Außerdem hat Perry eigenen Angaben zufolge bis 2009 gegen Bezahlung die Firma Dewar Crop Protection beraten. Sie testet Pestizide – die Agrochemie-Konzerne Monsanto, BASF, Bayer, Dow und Syngenta zählen zu ihren Kunden. [dh]

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