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Bürgerbeauftragter kritisiert Wechsel von Behörde zu Agrar-Konzern

Der Bürgerbeauftragte der Europäischen Union hat deutliche Kritik an der für Gentechnik zuständigen Behörde geübt. Drei Jahre lang untersuchte Nikiforos Diamandouros den Fall einer hochrangigen Mitarbeiterin der Lebensmittelbehörde EFSA, die 2008 direkt zum Agrochemie-Konzern Syngenta gewechselt war. Sein Fazit: die Vorschriften wurden nicht eingehalten.

Immer wieder wird kritisiert, dass manche Experten der EFSA enge Verbindungen zu den Herstellern von gentechnisch veränderten Pflanzen haben – dabei sollen sie eigentlich beurteilen, ob von diesen Produkten Gesundheitsgefahren ausgehen. Im konkreten Fall geht es um die ehemalige Leiterin der Gentechnik-Abteilung der Behörde. Nach fünf Jahren kündigte Suzy Renckens 2008 ihren Posten – um keine zwei Monate später die Arbeit beim Schweizer Unternehmen Syngenta aufzunehmen. Der Konzern verkauft weltweit gentechnisch verändertes und konventionelles Saatgut.

EU-Bürgerbeauftragter Diamandouros kommt zu dem Schluss, die Behörde habe ihre Pflichten verletzt. Sie habe weder geprüft, ob es bei Renckens Tätigkeit für die EFSA und für ihren künftigen Arbeitgeber Berührungspunkte gebe. Noch habe sie im Nachhinein das Fehlverhalten eingestanden und Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet. Diamandouros spricht von „Misswirtschaft“. In seinem Bericht zitiert der Bürgerbeauftragte eine Email von Renckens, in der sie sich zu den Vorgängen äußert. Demnach traf sie ihre früheren Kollegen mehrmals in ihrer neuen Funktion als Gentechnik-Lobbyistin.

„Die Art und Weise, wie die EFSA mit diesem Fall umgeht, zeigt, dass sie die Gefahr der Beeinflussung durch die Industrie nicht wirklich ernst nimmt. Dies ist ein nicht entschuldbarer Fehler für eine Behörde, die 'der Lebensmittelsicherheit in Europa verpflichtet' ist“, meint Martin Pigeon von Corporate Europe Observatory. „Weiß die EFSA überhaupt noch, was ihre eigentliche Aufgabe ist?“

Christoph Then glaubt daran schon lange nicht mehr. Seine Organisation Testbiotech hatte den Fall Renyckens 2009 öffentlich gemacht und Beschwerde beim Bürgerbeauftragten eingelegt. „Die EFSA scheint unfähig zu sein, ihre Interessenkonflikte in den Griff zu bekommen“, so Then. Für ihn ist der Wechsel der ehemaligen Abteilungsleiterin zum Gentech-Konzern Syngenta kein Einzelfall. Testbiotech warnt immer wieder vor dem zu großen Einfluss der Agrochemie-Industrie. Vor allem Vertreter der Lobbyorganisation International Life Sciences Institute (ILSI), die von den Gentechnik-Firmen Monsanto, Syngenta und Bayer Cropscience finanziert wird, seien „mehr als zehn Jahre lang ungestört auch bei der EFSA tätig“ gewesen. „Die Entscheidungen und Standards, die in den letzten zehn Jahren offensichtlich von ILSI beeinflusst wurden, hat die EFSA nie wirklich aufgearbeitet“, kritisiert Then.

Zusammen mit vielen Organisationen der Zivilgesellschaft hat Testbiotech kürzlich eine Petition zum Thema gestartet. Das Ziel: der Bundestag soll mögliche Interessenkonflikte in den deutschen Behörden, die mit der Agro-Gentechnik befasst sind, untersuchen. Denn auch hier sammelten Then und andere Kritiker Hinweise darauf, dass einige Mitarbeiter der Gentech-Branche offenbar recht nahe stehen. [dh]

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