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Nach Fund in Urin: Weiter Debatte um Ackergift Glyphosat

Nach dem Fund des Herbizidwirkstoffs Glyphosat („Roundup“) im Urin zahlreicher Großstädter wird weiter über die Gefährlichkeit der Chemikalie diskutiert. Während das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) die Untersuchungsergebnisse als erwartbar bezeichnete, forderten mehrere Landesregierungen ein Teilverbot von Glyphosat.

Das BfR ist hierzulande für die Bewertung von Chemikalien zuständig. Deutschland koordiniert außerdem einen EU-Prozess für die anstehende Neuzulassung von Glyphosat. Eine Entscheidung darüber sollte eigentlich schon letztes Jahr stattfinden, wurde aber auf 2015 verschoben. Nun hat die deutsche Behörde sich in die Debatte eingeschaltet. Die Mengen des Wirkstoffs, die jüngst im Urin von Stadtbewohnern aus 18 europäischen Ländern gemessen wurden, lägen allesamt in einem niedrigen Bereich. Zwar wiesen die Funde darauf hin, dass es „eine Hintergrundbelastung mit Glyphosat“ gebe, zitiert topagrar das BfR. Gesundheitliche Bedenken müsse man aber nicht haben. Dass das Ackergift überhaupt in menschlichen Ausscheidungen gefunden wurde, sei „zu erwarten“ gewesen, findet die Behörde.

Die große Aufmerksamkeit für das Thema spricht eher eine andere Sprache. Über die Proben, die das Medizinische Labor Bremen im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nahm, wurde in vielen Medien berichtet. Die Wissenschaftler hatten den Urin von 182 Europäern untersucht, die alle nicht in der Landwirtschaft arbeiten. Bei 44 Prozent wurde Glyphosat nachgewiesen, in Deutschland sogar bei sieben der zehn Testpersonen. Vermutet wird, dass das Herbizid über Lebensmittel in den Körper gelangt. In der konventionellen Landwirtschaft wird es intensiv versprüht, teils auch noch unmittelbar vor der Ernte. Das Magazin Öko-Test fand Glyphosat in acht von zehn Brötchen, in Mehl und Haferflocken.

Allerdings wird das Herbizid auch zur Unkrautbekämpfung an Bahnanlagen und in Privatgärten verwendet. Hier wollen acht Bundesländer ansetzen. Sie forderten die Bundesregierung bei der letzten Konferenz der Umweltminister auf, das Versprühen von Glyphosat in Haus- und Kleingärten zu verbieten. „Verschiedene unabhängige Studien“ hätten auf Risiken hingewiesen, erklärte die Umweltministerin von Rheinland-Pfalz, Ulrike Höfken (Die Grünen). „Gerade in Kleingärten und auf öffentlichen Flächen werden diese Mittel oft viel zu sorglos eingesetzt und landen dann im Abwasser.“ Deshalb müsse nun eine „korrekte“ Risikobewertung stattfinden, meint die Ministerin.

Glyphosat wird auch auf außer-europäischen Gentechnik-Plantagen massiv eingesetzt. Viele Biotech-Pflanzen sind gegen den Wirkstoff resistent gemacht, indem Gene anderer Spezies eingebaut wurden. Das soll den Landwirten Arbeit ersparen, indem sie flächendeckend spritzen statt aufwendigere mechanische Verfahren gegen die Wildkräuter anzuwenden. Diese haben sich jedoch an die dauernde Giftbelastung angepasst. In manchen Regionen der USA, wo fast nur noch gentechnisch veränderte Soja und Mais angebaut werden, können sie nur noch schwer bekämpft werden.

Die Landwirte greifen deshalb wieder auf ältere Ackergifte zurück, während die Hersteller der biotechnologischen Pflanzen und der Pestizide ihre Produkte hochrüsten. Mit kombinierten Resistenzen, gegen mehrere Herbizide und Insekten, sollen die Gentech-Pflanzen den Wettlauf mit der Natur gewinnen. So beantragten die US-Konzerne Monsanto und Dow eine EU-Importzulassung für ihren „Smartstax“-Mais. Dieser ist sowohl gegen Glyphosat als auch Glufosinat unempfindlich und sondert außerdem noch sechs Insektizide ab. Bei einer ersten Abstimmung konnten sich die EU-Staaten nicht einigen, Deutschland enthielt sich. [dh]

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