Eine neue Studie liefert Hinweise darauf, dass komplette Gene aus Nahrungsmitteln in die Blutbahn von Menschen gelangen können. Forscher verschiedener Universitäten aus Ungarn, den USA und Dänemark untersuchten Blutproben – und fanden darin DNA-Abschnitte, anhand derer sie zum Beispiel feststellen konnten, ob jemand Kartoffeln oder Tomaten gegessen hatte. Nun müssten auch Behörden, die für die Überprüfung von Gentechnik-Organismen zuständig sind, ihre Position überdenken, forderte die britische Organisation GM Watch. Offizielle Stellen gingen lange davon aus, das Erbgut pflanzlicher und tierischer Lebensmittel werde bei der Verdauung bis auf Grundbausteine abgebaut.
Das Autorenteam mit Forschern der ungarischen Akademie der Wissenschaften, der Harvard Medical School und der Technischen Universität Dänemarks untersuchte über 1.000 Blutproben, die im Zuge von anderen Studien genommen worden waren. Im Blutplasma fanden sie neben zellungebundener Eigen-DNA der Individuen auch fremdes Erbgut. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass nicht nur ein Teil der DNA nicht vollständig abgebaut wird, sondern dass Fragmente, die lang genug sind um komplette Gene zu tragen, vom Verdauungstrakt ins Blut gelangen können“, schreiben die Wissenschaftler im nicht-kommerziellen Fachjournal Plos One. Bislang wurde vielfach angenommen, dass das nicht möglich sei. Dafür, dass diese Annahme überholt sein könnte, wurden allerdings schon mehrere Indizien geliefert.
In den Blutproben stellten die Wissenschaftler Genmaterial aus Pflanzenzellen fest, vor allem von Kartoffeln, Tomaten und Sojabohnen. Es habe auch Hinweise auf Hühnchen-DNA gegeben, denen aber mit weiteren Proben nachgegangen werden müsse, so die Experten. Besonders häufig scheint das pflanzliche Erbgut im Blutplasma von Menschen aufzutauchen, die an chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten leiden. Über welche Mechanismen die DNA den Verdauungsprozess übersteht und ins Blut gelangt, ist noch unklar.
Die britischen Gentechnik-Kritiker von GM Watch sehen in der aktuellen Untersuchung einen weiteren Beleg dafür, dass die Annahmen der für Gentechnik zuständigen Behörden überholt seien. „Du bist, was Du isst“, dieser Satz treffe eben doch zu. Das müssten nun auch Behörden wie die britische Food Standards Agency und die EU-Lebensmittelbehörde EFSA zur Kenntnis nehmen. Ihre Einschätzung ist schließlich nötig, um gentechnisch veränderten Pflanzen Zulassungen zu erteilen. Diese Pflanzen enthalten meist Gene aus anderen Spezies, beispielsweise Bakterien oder Viren. Neuere Kreationen wie der mehrfach modifizierte Smartstax-Mais der Agrarkonzerne Monsanto und Dow enthalten sogar künstliche Gene, die komplett im Labor hergestellt wurden. Smartstax erhält in der EU bald eine Zulassung und darf dann als Futtermittel für die Viehhaltung genutzt werden. [dh]