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Kolumbianische Bauern kippen fragliche Saatgutregelung

Die kolumbianische Regierung hat vergangene Woche beschlossen, dass die Aussaat von nationalem Saatgut künftig wieder straffrei sein soll. In dem 2010 in Kraft getretenen Beschluss 9.70 wurde der Anbau, Handel und Verkauf sowie die Weitergabe von nicht zertifiziertem Saatgut verboten. Verstöße werden mit hohen Geldbußen und Freiheitsstrafen von mehreren Jahren geahndet. Die Diskussion über den Missstand im kolumbianischen Saatgutrecht ist Teilergebnis der fast zweiwöchigen Bauernproteste Ende August. Auch ausgelöst hat die Debatte der zeitgleich im nationalen Fernsehen ausgestrahlte Dokumentarfilm 9.70 von Victoria Solano.

Die derzeit gültige gesetzliche Regelung zwingt Bauern, jedes Jahr neues zertifiziertes Saatgut zu kaufen. Die Aufbewahrung von Saatgut für die Wiederaussaat ist eine alte Tradition und für viele Kleinbauern eine Notwendigkeit, überhaupt Landwirtschaft betreiben zu können. Von dieser Praxis sind in Kolumbien schätzungsweise 3,5 Mio. bäuerliche Familien betroffen. Nun hat die kolumbianische Regierung zugesichert, das nationale Saatgut von der Saatgut-Regelung 9.70 auszunehmen. Während der Verhandlungen zwischen Regierung und Bauernvertretern, als Ergebnis eines fast zweiwöchigen Agrarstreiks, wurde in einer Mitteilung festgehalten: „Die nationale Regierung verpflichtet sich, den Beschluss 970 aus dem Jahr 2010 auf nationales Saatgut nicht anzuwenden“.

Die Anfangsbilder im Dokumentarfilm von Victoria Solano aus dem Jahr 2012 zeigen Einheiten der kolumbianischen Antiterroreinheit ESMAD (Escuadrón Móvil Antidisturbios), wie sie Beamte des kolumbianischen Agrarinstituts ICA (Instituto National Agropecuario) bei der Beschlagnahmung von 62 t Reissaatgut begleiten und von bestürzten Landwirten umringt sind. Er thematisiert den Zusammenhang dieser Vorschrift und dem Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten, kritisiert die Verhältnismäßigkeit des Handelns der Beamten und die Strafmaße für die Bauern und vor allem die schlechte Kommunikation zwischen ICA und den betroffenen Bauern. Die Landwirte beklagen, dass sie von der Saatgutregelung nichts gewusst hätten. Das nationale Agrarinstitut weist den Vorwurf zurück, sie wären zu Unrecht gegen die Landwirte vorgegangen. Sie hätten die neue Regelung zwei Monate im Netz publik gemacht. Doch die Tatsache, dass der Großteil der ländlichen Bevölkerung keinen Zugang zum Internet hat, verdeutlicht nach Meinung der Filmemacherin, wessen Rechte durch diese Regelung geschützt werden sollen. Sie diene vor allem den multinationalen Saatgutfirmen wie Monsanto.

Die laufenden Agrar-Verhandlungen betreffen neben dem Saatgut noch weitere Bereiche. Auch das Freihandelsabkommen stand zur Debatte. Die kolumbianische Regierung lehnt eine Überarbeitung oder ein neues Aushandeln des Agrar-Bereichs innerhalb der Freihandelsabkommen mit den USA und der EU strikt ab. (keh)

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