In der Europäischen Union könnte bald eine dritte Gentechnik-Pflanze zum Anbau zugelassen werden. Kommenden Mittwoch wird die EU-Kommission Medienberichten zufolge entscheiden, wie mit einem Antrag der US-Firma Pioneer umgegangen wird, der seit Jahren in der Warteschleife hängt. In einem Brief an die Kommissare fordern Umweltschutzorganisationen, den transgenen Mais 1507 abzulehnen.
Pioneer hatte schon vor 12 Jahren die Anbauzulassung für seinen Gentechnik-Mais beantragt. Dieser sondert aufgrund eines eingebauten Bakteriengens ein Gift ab, um Insekten zu töten. Gleichzeitig ist er gegen das Besprühen mit dem hochgiftigen Herbizid Glufosinat resistent. Während die EU-Lebensmittelbehörde den Mais 1507 als sicher einstufte, äußerten einige nationale Behörden Zweifel. Die EU-Kommission schob die Entscheidung auf die lange Bank – zu Unrecht, wie das Gericht der Europäischen Union vor einem Monat urteilte. Deshalb sehen sich die Kommissare nun zum Handeln gezwungen.
Sie entscheiden allerdings nicht alleine über die Genehmigung. Zuständig sind auch die Regierungen der Mitgliedsstaaten – sie entsenden Beamte in den Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit. Für Deutschland ist dort das Bundeslandwirtschaftsministerium vertreten. Um den Pioneer-Antrag anzunehmen oder abzulehnen ist jeweils eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten notwendig. Aufgrund unterschiedlicher Positionen zur Agro-Gentechnik kommt diese aber meist nicht zustande. Wenn auch eine zweite Abstimmung im Patt endet, fällt die Entscheidung wieder dem Verbraucherkommissar der EU zu, dem Malteser Tonio Borg.
Nächste Woche muss die Kommission nun erst einmal entscheiden, ob und wenn ja welche Empfehlung sie den nationalen Ministerien aussprechen will – pro oder contra Mais 1507. Auch nach dem Gerichtsurteil ist die EU nicht verpflichtet, den gentechnisch veränderten Mais zu genehmigen. Darauf weisen die Organisationen Greenpeace, Friends of the Earth Europe, IFOAM und Euro Coop hin. Sie schickten heute einen Brief an die Kommissare. Darin fordern sie, den Antrag von Pioneer abzulehnen. Denn die Kommission müsse sich lediglich mit dem Thema befassen, um ihren rechtlichen Pflichten genüge zu tun.
Die Umwelt- und Verbraucherschützer erinnern die Kommission daran, dass diese ihre Amtszeit damit begonnen habe, die bis dahin zweite Anbaugenehmigung für eine Gentechnik-Pflanze zu erteilen. Seit 2010 darf eine transgene Kartoffel von BASF angebaut werden – sie erwies sich allerdings als Ladenhüter, zurzeit wächst sie nirgends in der Union. Nun sollten die Kommissare von Präsident José Manuel Barroso ihr Mandat nicht ebenso beenden, wie es angefangen habe, meinen Greenpeace und Co – nach den Wahlen zum EU-Parlament im Mai 2014 werden auch die Kommissionsposten neu vergeben.
Ansonsten darf momentan nur der Monsanto-Mais MON810 angebaut werden. Dieser sondert ebenfalls ein Insektizid ab. Er wird allerdings auf weniger als einem Prozent der Ackerfläche der EU genutzt. [dh]