Die Haltung der Bundesregierung zur möglichen Anbauzulassung für den Gentechnik-Mais 1507 ist weiter unklar. Es gebe noch keine „abschließende Auffassung“, erklärte Agrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) heute bei einer Pressekonferenz zum Auftakt der Grünen Woche in Berlin. Im Meinungsbildungsprozess werde aber auch der Wille der Verbraucher berücksichtigt, so der Minister. Im Bundestag verschob die Große Koalition eine für Freitag geplante Debatte über das heikle Thema. Unterdessen hat sich das EU-Parlament mit deutlicher Mehrheit gegen den gentechnisch veränderten Mais ausgesprochen – das Votum ist allerdings nicht rechtlich bindend.
Auf EU-Ebene steht in den kommenden Wochen eine Entscheidung darüber an, ob der transgene Mais 1507 des US-Chemiekonzerns Dupont künftig auch in Europa angebaut werden darf. Entscheidend sind die Stimmen der nationalen Regierungen, üblicherweise vertreten durch die Agrarminister. Wie sich Deutschland positioniert, bleibt vorerst unklar. CSU und SPD stehen der Gentechnik eher ablehnend gegenüber, die CDU unter Kanzlerin Merkel eher positiv. Eine Einigung gibt es laut dem federführenden Landwirtschaftsminister Friedrich noch nicht. Bei der heutigen Pressekonferenz betonte er allerdings mehrmals, wie wichtig der Verbraucherwille in solchen Fragen sei – in Deutschland lehnt eine große Mehrheit der Bürger die Agro-Gentechnik ab.
Im Bundestag wichen CDU, CSU und SPD einer Konfrontation aus. Für morgigen Freitag stand das Thema Gentech-Mais auf der Tagesordnung. Doch nun verschob der Landwirtschaftsausschuss die Debatte auf frühestens Ende Januar. Dann könnte die Entscheidung in Brüssel jedoch schon gefallen sein. Die Grünen bezeichneten den Vorgang als „parlamentarisches Fiasko“. Sie hatten beantragt, der Bundestag solle die Regierung auffordern, sich gegen die drohende Zulassung von 1507 einzusetzen.
Das EU-Parlament lehnt die Genehmigung des insektengiftigen Maises derweil ab. 385 Abgeordnete aus verschiedenen Fraktionen stimmten gegen die Gentech-Pflanze, 201 dafür, 30 enthielten sich. Ein deutliches Signal an die Europäische Kommission und die Minister der Mitgliedsstaaten – allerdings auch nicht mehr. Entscheiden müssen zunächst die Regierungen. Morgen sollen deren Ständigen Vertreter in Brüssel über das weitere Vorgehen beraten. Eine schriftliche Abstimmung wird es - anders als ursprünglich geplant - wohl nicht geben, unter anderem weil Frankreich sie ablehnt. Paris befürwortet ein Spitzentreffen der Minister. Dann wäre entweder Friedrich an der Reihe – oder ein anderer Politiker der Großen Koalition, falls aus Zeitgründen doch nicht die Agrarminister abstimmen. Bis Anfang Februar hat die EU noch Zeit, dann läuft eine von Richtern gesetzte Frist ab. Sollten die Regierungen sich nicht auf ein „Ja“ oder „Nein“ zum Gentech-Mais einigen können, wird die Kommission wohl die Zulassung erteilen. [dh]