Ein umstrittener Bericht zur Pflanzenzüchtung wurde gestern vom EU-Parlament angenommen. Vorbereitet hatte ihn eine Abgeordnete der schwedischen Liberalen, sie fordert mehr öffentliche Investitionen in die Entwicklung neuer Sorten. Der Bio-Dachverband IFOAM sieht darin einen Türöffner für gentechnik-ähnliche Züchtungstechniken.
442 Parlamentarier stimmten für den Bericht Marit Paulsens, 143 lehnten ihn ab, 41 enthielten sich. Rechtlich hat das keine unmittelbare Auswirkung. Es könnte aber sein, dass die EU-Kommission daraus einen eigenen Entwurf für die Regulierung von neuen Züchtungstechniken macht – bislang ist unklar, ob diese als Gentechnik gelten sollen oder nicht. Die Anwender von Techniken, die Namen tragen wie Oligonukleotid-gesteuerten Mutagenese oder Zinkfinger-Nuklease, hoffen auf eine Einstufung als nicht-gentechnisch. Dadurch fielen Risikoprüfungen weg, das Saatgut müsste auch nicht gekennzeichnet werden. Der Bericht könnte laut Beobachtern in Brüssel den Lobbyisten der Gentech-Konzerne dazu dienen, ihre Technologien als notwendigen Beitrag zur Pflanzenzucht anzupreisen.
Im März befasst sich das EU-Parlament mit einem weiteren Bericht zur Züchtung. Darin fordert die britische Konservative Anthea McIntyre ebenfalls die Förderung neuer Techniken. Die Cisgenese soll beispielsweise als konventionelle Methode definiert werden. Das Forschungsinstitut für Biologischen Landbau aus der Schweiz hält sie allerdings durchaus für Gentechnik: „Auch bei cisgenen Pflanzen wird durch den Gentransfer direkt in die intakte DNA einer Pflanze eingegriffen und die Integrität des Kerngenoms gestört.“ [dh]