In Rom sprechen Vertreter von Industrie- und Entwicklungsländern heute und morgen über gentechnisch veränderte Pflanzen im internationalen Warenverkehr. Es geht um die Frage, ob geringfügige Verunreinigungen akzeptiert werden müssen, um den Handel nicht zu stören. Für Umwelt- und Verbraucherschützer ist die Antwort klar: der Schutz vor Gentech-Risiken sei wichtiger als wirtschaftliche Erwägungen, schreiben 30 Organisationen in einem Positionspapier.
Auf Einladung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der UN finden „technische Beratungen“ zum Thema statt, politische Entscheidungen sollen nicht getroffen werden. Wichtig ist das Treffen beispielsweise für die USA und Kanada. Sie bauen gentechnisch veränderte Pflanzen in großem Stil an und exportieren sie in die EU und nach Asien. Vereinzelt kommt es dabei zu Funden von Verunreinigungen, die Lieferungen werden dann abgewiesen. Laut einer FAO-Umfrage haben über 70 Prozent der Staaten sogenannte Nulltoleranz-Regelungen – das heißt, sie akzeptieren keine Chargen, in denen Spuren von Gentech-Pflanzen gefunden werden, die bei ihnen nicht zugelassen sind.
Das ist auch in der EU so. Zumindest noch, denn auch hier drängt die Industrie auf eine Aufweichung – bei Futtermitteln war sie schon erfolgreich, die Nulltoleranz wurde aufgehoben. Bei Lebensmitteln und Saatgut gilt sie noch. Aus Sicht von 30 Organisationen des Umwelt-, Verbraucher- und Landwirtschaftsschutzes sollte das auch so bleiben. Sie wenden sich mit einem Appell an die Teilnehmer der FAO-Tagung. Ihre Forderung: Gentechnik-Pflanzen, bei denen die jeweiligen Behörden keine Risikoprüfung durchgeführt haben, sollen nicht auf den Markt – auch nicht in geringen Spuren.
Darüber zu entscheiden sei das souveräne Recht jedes einzelnen Staats. „Die Exportstaaten sollten das respektieren und Wege finden, sich an die Gesetze der importierenden Länder zu halten, anstatt auf Schwellenwerte für Verunreinigungen zu pochen“, so die Unterzeichner, zu denen unter anderem Greenpeace, Friends of the Earth, Save Our Seeds, das African Centre for Biosafety und Verbrauchergruppen aus den USA und Japan gehören.
Ob die finanziellen Einbußen, die aufgrund strikter Nulltoleranzregeln auftreten können, volkswirtschaftlich überhaupt relevant sind, ist fraglich. Laut FAO wurden in den letzten zwölf Jahren 198 Verunreinigungsfälle gemeldet – davon entfällt ein großer Teil auf das Jahr 2009, als Leinsamen aus Kanada mit Gentech-Spuren belastet war. Die Hälfte der Mitgliedsländer hatte gar keine Probleme. Aus Angaben der Bundesregierung zu Gentechnik-Funden in Deutschland schloss der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner, dass innerhalb von fünf Jahren nur 500 bis 1.000 Tonnen beanstandet wurden. „Angesichts der Mengen an Getreide auf dem Markt ist das eine geringe Menge“, sagte er der taz. Deutschland führt jedes Jahr Millionen Tonnen Soja, Reis und Getreide ein. [dh]