In der deutschen Politik häufen sich skeptische Töne zur bevorstehenden Zulassung des gentechnisch veränderten 1507-Mais. Der Bundesrat stimmt diese Woche über eine gentech-kritische Vorlage ab, auch die bislang eher aufgeschlossene CDU zieht nun mit der Forderung nach nationalen Anbauverboten in den Europawahlkampf. Das Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) bekommt ebenfalls Gegenwind.
Bei ihrem Bundesparteitag am Wochenende verabschiedete die CDU ihr Europawahlprogramm. Darin wurde auf Antrag der CDU Südbaden auch eine Passage zum derzeit in Brüssel diskutierten „opt out“ beim Gentechnik-Anbau eingefügt: „Wir setzen uns auf Ebene der EU für eine Regelung ein, die das Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedstaaten beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzensorten gewährleistet.“ Nach Ansicht von Daniel Sander, dem umweltpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Freiburger Stadtrat, wird damit „die Tür für eine deutsche Absage an den Mais 1507 geöffnet.“ Bislang war eine gentechnik-kritischere Haltung der Bundesregierung vor allem an Kanzlerin Angela Merkel gescheitert.
- Keine 180-Gradwende der CDU -
Die CDU wiederholt in dem Programm auch ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag mit CSU und SPD. Man setze sich für „eine verlässliche Tierwohlkennzeichnung und für eine verpflichtende Kennzeichnung für Produkte ein, die mit gentechnischen Verfahren hergestellt wurden. Hierzu gehört Fleisch von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden.“ Bislang kann anhand der Verpackung nicht erkannt werden, welches Futter die Tiere erhalten – in der industriellen Haltung wird aber häufig Schrot aus gentechnisch verändertem Soja und Mais verfüttert.
Komplett will sich die Union aber nicht von der Agro-Gentechnik abwenden. Das wäre mit Parteichefin Merkel und Forschungsministerin Wanka wohl auch kaum zu machen. Im Europaprogramm heißt es daher auch: „Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit wollen wir den Züchtern die Möglichkeit einräumen, auf dem Gebiet der Nutzung grüner Gentechnik wissenschaftlich tätig zu sein. Sie kann Chancen zur Lösung zahlreicher globaler Probleme im Zusammenhang mit Gesundheit, Ernährung und Umwelt bieten.“
- Bundesländer machen Druck -
Der Druck auf die Bundesregierung, sich in Brüssel gegen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zu engagieren, dürfte diese Woche noch weiter zunehmen. Am Freitag stimmen die Länder im Bundesrat über eine Empfehlung ihres Europaauschusses ab. Dieser spricht sich grundsätzlich für das „opt out“ aus, also für mehr nationale Kompetenzen beim Gentechnik-Anbauverbot. Allerdings fordern die Fachpolitiker darüber hinaus Verbesserungen am derzeitigen Vorschlag der EU-Kommission. So müssten die Verbote rechtssicher sein. Außerdem soll es keine zeitlichen Fristen geben, Verbote sollen nicht nur während des laufenden Antragverfahrens, sondern auch später noch verhängt werden dürfen.
Besonders kritische sehen die Ausschusspolitiker des Bundesrats die anvisierten Verhandlungen zwischen Regierungen und Gentechnik-Konzernen. „Eine Regelung, wonach Mitgliedstaaten, falls sie ein nationales Anbauverbot aussprechen wollen, während des EU-Zulassungsverfahrens im Rahmen einer vorhergehenden Konsultation aktiv auf die Antragsteller zugehen sollen, wird abgelehnt. Eine vorherige 'Konsultation' der Antragsteller durch Mitgliedstaaten darf keine Voraussetzung für nationale Verbote sein. Ansprechpartner der Mitgliedstaaten sollte nur die Kommission sein.“ Damit greift der Bundesrat die Bedenken der rot-grün regierten Ländern auf. Auch Umweltschutzorganisationen hatten diesen Punkt immer wieder kritisiert.
Was den Gentechnik-Mais 1507 anbelangt, so empfiehlt der Ratsausschuss kurzfristige Maßnahmen, falls rechtssichere Verbotsmöglichkeiten erst nach einer Zulassung verfügbar wären. Die Regierung solle „kurzfristig im Rahmen des geltenden EU-Rechts eine Ergänzung der Koexistenzregelungen der nationalen Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung“ prüfen und so eventuell den Anbau unterbinden. Außerdem würde der Bundesrat, wenn er den Antrag am Freitag annimmt, noch einmal seine Haltung zum Schutz der Imkerei bekräftigen. Es brauche „eine bundeseinheitliche Regelung für den Schutz der Imker vor Verunreinigungen ihres Honigs mit GVO sowie zur Schaffung einer Ermächtigung für die Länder, damit unter Berücksichtigung der regionalen Agrarstrukturen Maßnahmen zum Schutz vor Verunreinigungen mit GVO ergriffen werden können“, heißt es in der Empfehlung.
- Agrarminister: Nicht mehr Gentechnik durch TTIP -
Auch an anderer Stelle machen die Bundesländer Druck. Bei der Agrarministerkonferenz in Cottbus beschlossen die jeweiligen Ressortchefs zusammen mit Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) eine gemeinsame Position zum Freihandelsabkommen zwischen EU und USA (TTIP). Hohe Sicherheitsstandards seien bei Gentechnik-Pflanzen nötig und dürften durch ein Abkommen nicht geschwächt, nationale Anbauverbote nicht ausgehebelt werden, so der Beschluss laut einem Agenturbericht. [dh]