Abgeordnete aller Parteien im Bundestag haben einen gemeinsamen Antrag zur Agro-Gentechnik erarbeitet. Darin fordern die Politiker mehr Möglichkeiten für Anbauverbote von gentechnisch veränderten Pflanzen und eine grundlegende Überarbeitung des Zulassungsverfahrens. Das von der griechischen EU-Ratspräsidentschaft vorgeschlagene „Opt Out“ lehnen die Parlamentarier ab.
Vor dem Hintergrund der drohenden Zulassung des gentechnisch veränderten Mais 1507 der US-Chemiekonzerne Dupont und Dow wird in der EU zurzeit über nationale Anbauverbote debattiert. Im Mittelpunkt steht ein mehrere Jahre alter Vorschlag der Kommission in Brüssel, der nun von Griechenland aktualisiert wurde. Das sogenannte Opt Out würde den Mitgliedstaaten mehr Möglichkeiten geben, den Anbau auf ihrem Gebiet zu untersagen – doch Kritiker befürchten rechtliche Unsicherheiten und noch mehr Einfluss der Gentech-Konzerne.
Das stört auch die sechs Bundestagsabgeordneten von CDU (Hans-Georg von der Marwitz), CSU (Josef Göppel), SPD (Elvira Drobinski-Weiß, Matthias Miersch), Linken (Kirsten Tackmann) und Grünen (Harald Ebner), die ihr Papier am Wochenende an ihre Parlamentskollegen verschickten. „Der griechische Vorschlag weitet den Einfluss von Unternehmen deutlich aus und setzt sie gewissermaßen mit Nationalstaaten gleich: In der ersten Phase agieren die antragstellenden Unternehmen auf Augenhöhe mit den jeweiligen Mitgliedstaaten, die ein nationales Anbauverbot erreichen wollen.“ Die griechische Ratspräsidentschaft habe nun zwar nachgebessert: die Kommission solle Ansprechpartner der Unternehmen bleiben. Das reiche aber nicht. „Zwar muss dann nicht der einzelne Mitgliedstaat das Unternehmen konsultieren, doch damit würde die Konsultation noch intransparenter und würde zudem der parlamentarischen Mitsprache vollkommen entzogen“, heißt es in dem Antrag. Außerdem könnten die Gentech-Konzerne wohl gegen die Verbote klagen.
Viel besser findet die fraktionsübergreifende Gruppe, was das EU-Parlament und zuletzt der Bundesrat zum Thema beigetragen haben. Auf dieser Basis, so die Forderung an die Bundesregierung, müssten neue Möglichkeiten für Anbauverbote geschaffen und die bisherige Risikobewertung und Zulassung neu aufgestellt werden. Dafür müsse sich die Regierung Merkel jetzt stark machen und insbesondere mit Frankreich, das eine sehr gentech-kritische Linie fährt, zusammen arbeiten.
Die Zeit drängt, denn Griechenland wolle schon im Mai eine erste Abstimmung in Brüssel ansetzen. Das ist nach Einschätzung des grünen Abgeordneten Harald Ebner viel zu schnell: „Die Entwicklung der 'richtigen' Instrumente zur Sicherung der Gentechnikfreiheit ist von entscheidender Bedeutung für die Land- und Ernährungwirtschaft und auch für den Verbraucherschutz. Deshalb wäre es fatal, über so eine fundamentale Frage im Hauruckverfahren im Hinterzimmer zu entscheiden.“
Bis über die künftige Ausgestaltung der Gentechnik-Zulassung entschieden ist, müssten die laufenden Verfahren auf Eis gelegt werden, fordern die sechs Parlamentarier. Derzeit warten laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) 14 transgene Pflanzen auf eine Anbaugenehmigung für die EU.
Doch dieses System sei mangelhaft, kritisiert Ebner. „Die Defizite in den Zulassungsverfahren für Gentech-Pflanzen wie den Genmais 1507 sind seit langem bekannt: mögliche Langzeitrisiken oder Nachteile für die Land- und Ernährungswirtschaft werden im Rahmen der jetzigen Risikobewertung überhaupt nicht berücksichtigt. Dabei zeigen gerade die längerfristigen Entwicklungen in Ländern mit Gentechnik-Anbau, wie nach kurzen Anfangserfolgen das System aus dem Ruder läuft, der Einsatz von Pestiziden rasant steigt und 'Superunkräuter' den Bauern das Leben schwer machen. Diese Mängel im Zulassungssystem können auch durch nationale Anbauverbote nicht behoben werden. Das haben auch das Europaparlament und der Bundesrat ausdrücklich bekräftigt.“ [dh]