Für die Firma Synthetic Genomics Inc. (SGI) ist der Mai ein guter Monat. Dieses und letztes Jahr brachte er ihr jeweils einen vermutlich sehr lukrativen Vertragsabschluss: mit dem Ölkonzern ExxonMobil und nun mit dem Agrarkonzern Archer Daniels Midland (ADM). In beiden geht es um Algen. Aus ihnen sollen Kraftstoffe bzw. Omega-3-Fettsäuren gewonnen werden. Ermöglichen soll das die Synthetische Biologie, die von Kritikern als „extreme Gentechnik“ bezeichnet wird.
Mit ExxonMobil arbeitet SGI schon seit 2009 an der Erforschung von Biokraftstoffen aus Algen. Im neuen Projekt sollen die Algen jetzt mittels Synthetischer Biologie „verbessert“ werden, um schneller mehr Biomasse und Diesel herzustellen. Jetzt käme das Steckenpferd der Firma zum Einsatz, nämlich die SynBio-Techniken, freute sich SGI-Chef Craig Venter. Er ist wohl der bekannteste Vertreter der Synthetischen Biologie, seit er 2010 bekannt gab, den ersten künstlichen Organismus – ein Bakterium mit synthetischem Erbgut – geschaffen zu haben.
Auch für ADM wird SGI an den Algen basteln. So soll mehr Docosahexaensäure, eine mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäure, gewonnen werden können. Venter bezeichnete den Abschluss als „kommerzielle Bestätigung unserer Wissenschaft und Technologie“. Finanzielle Einzelheiten wurden, wie auch beim Deal mit ExxonMobil, nicht bekannt gegeben. ADM-Manager Greg Dodson verwies auf „signifikante Nachfrage nach Omega-3-DHA-Produkten“. Die Kooperation mit SGI werde helfen, das Portfolio des Agrarkonzerns bei den hochpreisigen Produkten – und damit den Profit – zu stärken.
Das Erbgut der Algen soll laut SGI auch so verändert werden, dass sie den Produktionsbedingungen, aber auch Umwelteinflüssen, besser widerstehen können. Das ist allerdings Grund zur Sorge für SynBio-Kritiker, die auf die Risiken einer unkontrollierten Ausbreitung der künstlichen Organismen verweisen – gerade bei Algen. „Der Einsatz der Synthetischen Biologie birgt in diesem Zusammenhang besondere Probleme, weil es bei Algen besonders leicht zu unkontrollierten Freisetzungen kommen kann“, schrieb der Verein Testbiotech aus München schon 2010. „Die Produktion von Algen funktioniert zwar auch in geschlossenen Systemen. In offenenen Tanks ist die Wirtschaftlichkeit der Verfahren aber wesentlich höher, weil hier u.a. die Sonneneinstrahlung genutzt werden kann. Die Gefahr einer ungewollten Freisetzung oder Verschleppung ist hier jedoch besonders hoch.“
„Gelangen Algen ins Freiland, die mit Hilfe der Synthetischen Biologie oder per Gentechnik verändert worden sind und die zum Beispiel eine höhere Photosynthese-Rate haben, ist ihr Gefährdungspotenzial extrem hoch: Algen vermehren sich rasch und können sich gut an Umweltbedingungen anpassen“, so Testbiotech. Von den Befürwortern der Synthetischen Biologie werde oft der Klimaschutz angeführt, zu dem Biokraftstoffe beitragen könnten. In Wirklichkeit gehe es aber vor allem um den Profit. „Ein nachhaltiger ökologischer Nutzen ist in den meisten Fällen nicht zu erwarten. Zudem besteht aber die Gefahr, dass weitreichende ökologische Schäden verursacht werden.“
Auch für Craig Venter und seine Firma spielen die Risiken für die Umwelt wohl eher eine untergeordnete Rolle. Der Wissenschaftler und Unternehmer fasste seine Sicht gegenüber der britischen Zeitung The Guardian letztes Jahr so zusammen: „Das Leben ist ein DNA-Softwaresystem.“ [dh]
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