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EU-Umweltausschuss: Stimmen zum Opt-Out

Im Umweltausschuss des EU-Parlaments wurde heute über das Opt-Out-Vorhaben diskutiert, das Gentechnik-Anbauverbote einzelner Staaten neu regeln soll. Mehrere Parlamentarier verwiesen dabei auf eine frühere Position der Volksvertreter: diese sei präziser und rechtssicherer gewesen als die jetzigen Vorschläge der nationalen Regierungen.

++Liberale (ALDE) ++

Zunächst stellte der Ministerrat seine im Juni beschlossene Position vor. Anschließend äußerten sich die Abgeordneten. Die belgische Liberale Frédérique Ries, die als Berichterstatterin die Stellungnahme des Parlaments vorbereitet, hatte einige Nachfragen. So wollte sie wissen, warum der Entwurf der Minister nicht – wie vom Parlament seit einem Beschluss im Jahr 2011 gewünscht – auf die Umweltparagraphen im Vertrag über die Arbeitsweise der EU Bezug nehme. Damit hätte den Regierungen mehr Argumente an die Hand gegeben werden können, um etwaige Gentechnik-Anbauverbote zu legitimieren, so Ries. Auch NGOs hatten das in einem Brief an das Parlament gefordert.

Zudem stellte Ries das Zwei-Phasen-Modell der Minister in Frage. Die erste Phase sieht vor, dass Gentechnik-Konzerne vor einem Verbot gefragt werden müssen, ob sie zu einer freiwilligen Einschränkung ihres Antrags bereit sind. Sie frage sich, ob diese Vorbedingung dem eigentlichen Ziel, nämlich den Anbau von Gentech-Pflanzen leichter verbieten zu können, entspreche, so die Liberale. Von der französischen Regierung wisse sie, dass diese direkte Verhandlungen mit den Konzernen ablehne. Weiterer Kritikpunkt der Belgierin: es sei nicht geklärt, wer im Fall von Schäden durch Gentechnik-Kontamination haften müsse.

++ Sozialdemokraten, Grüne, Linke ++

Das linke Spektrum im Umweltausschuss schloss sich Ries' Kritik an – und ging noch weiter. Der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA), die weiterhin für die Risikobewertung zuständig sein soll, warf ein Sozialdemokrat Interessenkonflikte vor. Er kündigte Änderungsvorschläge an, um das Opt-Out rechtssicherer zu machen – sonst drohten Klagen der Konzerne vor dem EuGH oder der Welthandelsorganisation. Der Grüne Bart Staes aus Belgien verwies auf Jean-Claude Juncker, der ab November EU-Kommissionspräsident sein wird. Dieser habe im Juli im Parlament erklärt, das Zulassungsverfahren für Gentechnik-Organismen müsse reformiert werden. Auch aus Sicht der Linken ist der jetzige Vorschlag nicht „wasserdicht“.

++ Konservative (EVP) ++

Die Ausschussmitglieder der konservativen EVP-Fraktion zeigten sich weniger einig: während der deutsche CDU-Abgeordnete Peter Liese den Kompromiss, den die Minister mühsam errungen hätten, verteidigte und zu einer „pragmatischen“ Debatte aufrief, lehnte seine Parteikollegin Renate Sommer Gentechnik-Verbote generell ab. Die unternehmerische Freiheit der Landwirte werde eingeschränkt, die Begründungsliste werde zu „Willkür“ führen, so Sommer. Allerdings sei sie selbst noch nicht sicher, wie sie abstimmen werde. Immerhin lehne die Mehrheit der Bevölkerung Gentechnik auf dem Acker ab.

Die österreichische EVP-Politikerin Elisabeth Köstinger, die den Opt-Out-Prozess im Auftrag ihrer Fraktion als Schattenberichterstatterin begleitet, äußerte hingegen einige Kritik am Entwurf der Minister. Er sei zwar eine Verbesserung gegenüber dem jetzigen Stand, dennoch aber nur die „zweitbeste Lösung“. Der Vorschlag des Parlaments von 2011 sei da wesentlich restriktiver gewesen. Von der Kommission erwarte Köstinger eine Stellungnahme zur Rechtssicherheit der künftigen Anbauverbote: diese wird unter anderem von Umwelt- und Verbraucherschützern angezweifelt. Köstinger hielt fest, die Öffentlichkeit sei „zunehmend ablehnend“ gestimmt gegenüber der Gentechnik, und insbesondere gegenüber multinationalen Konzernen, die den Saatgut-Markt heute beherrschten.

Angesichts der kleinstrukturierten Landwirtschaft in Österreich sei die Koexistenzfrage entscheidend, so die Konservative. Ähnlich argumentierte auch ihr Fraktionskollege Alojz Peterle aus Slowenien. Die Leute hätten ihn auch während seines Urlaubs mit diesem Thema nicht in Ruhe gelassen, so der Politiker der Partei Nova Slovenija. Die Bürger hätten den Eindruck, dass den Gentechnik-Konzernen von vornherein ein Recht auf den Anbau ihrer Produkte zugestanden werde, während skeptische Staaten Verbote umständlich rechtfertigen müssten. Auch als Imker sei er sich des Gentechnik-Problems bewusst, so Peterle, der zudem auf neue Schwierigkeiten durch das geplante Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) verwies.

++ EU-Kommission ++

Ein Vertreter der EU-Kommission verteidigte hingegen das Zwei-Phasen-Modell des Opt-Out. Dieses sei dazu gedacht, die Situation zwischen zwei Akteuren – nämlich Staat und Konzern - „höflich“ zu klären. Dabei werde die Kommission vermitteln, jedoch nicht verhandeln. Sie übermittle lediglich die Position des Mitgliedstaats. Anschließend könne der Staat verbieten, aber nicht auf Grundlage wissenschaftlicher Risikoanalysen, für die weiter die EFSA zuständig bleibe. Die Position des künftigen Präsidenten Juncker müsse man natürlich berücksichtigen, so der Kommissionsbeamte. Er erinnere aber daran, dass die Landwirtschaft sehr stark von Gentechnik-Futtermitteln abhänge.

Der Umweltausschuss wird nun bis Ende des Jahres die Position des Parlaments entwerfen, über die dann im Januar das Plenum in Straßburg abstimmen soll. [dh]

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