Gibt es ein Abschiedsgeschenk der scheidenden EU-Kommission an die Agrarindustrie? Durchaus möglich, meint der Verein Testbiotech aus München. Denn neun gentechnisch veränderte Pflanzen können jederzeit zugelassen werden, acht davon zum Import, eine zum Anbau. Dabei habe es in der Risikoprüfung „gravierende Mängel“ gegeben.
Im November tritt die neue Kommission des Luxemburgers Jean-Claude Juncker den Dienst an. Vorher haben José Manuel Barroso und sein Team – für Gentechnik ist Gesundheitskommissar Tonio Borg zuständig – noch Gelegenheit, weitere Gentechnik-Genehmigungen zu erteilen. Laut Testbiotech liegen - zusätzlich zum insektengiftigen Mais 1507 von Pioneer, der auf eine Anbauzulassung wartet – acht weitere Anträge auf dem Tisch. Hier geht es um den Import, die Pflanzen sollen zu Tierfutter verarbeitet werden.
„Bereits im Juli hatten sich Lobbyisten der Futtermittelindustrie für die Genehmigung der acht Pflanzen für den Import stark gemacht und damit gedroht, dass es zu Schwierigkeiten in der Versorgung mit Futtermitteln kommen werde, wenn die EU die Gentechnik-Pflanzen nicht zulasse“, schrieb Testbiotech heute in einer Pressemitteilung. Doch die EU sei dem Schutz der Umwelt und der Verbraucher verpflichtet, nicht den Interessen der Agrarkonzerne.
Die Risiken seien zudem nur lasch überprüft worden. „Wir sehen immer häufiger gravierende Mängel in den Dossiers der Industrie und den Stellungnahmen der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA. Beispielsweise hat die Industrie zu einigen der jetzt anstehenden Anträge Fütterungsversuche vorgelegt, die so mangelhaft waren, dass die EFSA sie nicht akzeptiert hat. Aber anstatt neue Studien zu verlangen, hat die Behörde einfach grünes Licht gegeben“, sagte Christoph Then, Tierarzt und Testbiotech-Geschäftsführer. „Die Risikoabschätzung der EFSA ist zu einseitig auf die Interessen der Industrie ausgerichtet, Sicherheit wird auch dann behauptet, wenn wirklich belastbare Daten fehlen.“
Für den Mais 1507 hat Pioneer vor Jahren eine Anbaugenehmigung beantragt. Sollte diese kommen, braucht die Gentechnik-Pflanze noch eine Sortenzulassung. Dafür sind die Behörden der EU-Staaten zuständig, in diesem Fall Spanien. Beobachter gehen davon aus, dass 1507 frühestens 2015 wachsen könnte, in Deutschland wohl eher ab 2016. Zurzeit darf nur der Monsanto-Mais 810 in der EU angebaut werden, er wächst fast ausschließlich in Spanien. Wie 1507 sondert auch er ein Gift ab, um Insekten zu töten. [dh]