Über 200 Millionen Euro müssten Landwirte, Händler und Futtermittelmühlen zusätzlich aufbringen, wenn in Deutschland zu 50 Prozent gentechnisch veränderter Mais angebaut würde. Auch heute fallen für die Trennung der Warenströme schon hohe Kosten an, die vor allem diejenigen tragen müssen, die keine Gentechnik einsetzen wollen. Sollten also die Verursacher zur Kasse gebeten werden? Oder Gentechnik-Fütterung gänzlich aus Tierställen verbannt werden? Darüber diskutierten Vertreter der Regierung, der Bio-Branche und des Supermarkt-Konzerns Rewe letzte Woche in Berlin.
Getrennter Transport und Lagerung, aufwendige Reinigung von Verarbeitungsmaschinen und Analysen auf Gentech-Verunreinigungen - all das fällt entlang der Wertschöpfungskette für gentechnikfreie Produkte an. Würde auf Gentechnik-Futter generell verzichtet, könnten Milliarden gespart werden, erklärte Axel Wirz vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau. Allein bei der Milch hätten im Jahr 2013 über zwei Milliarden Euro an Zusatzkosten vermieden werden können, so der Agraringenieur und Betriebswirt.
Derzeit müssen diese Summen von den gentechnikfrei wirtschaftenden Betrieben gestemmt werden. Gerecht wäre, wenn die Kosten von den Gentechnik-Anwendern übernommen würden, sagte Alexander Beck vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Das stieß bei Landwirtschafts-Staatssekretärin Maria Flachsbarth (CDU) auf Skepsis. Betriebe außerhalb Europas – die beispielsweise Futtermittel für die Tierhaltung hierzulande liefern – könne man juristisch kaum belangen, wenn Gentechnik-Pflanzen dort auftauchen, wo sie eigentlich nicht enthalten sein sollen.
Eine mögliche Lösung? Den Anbau von transgenen Pflanzen in Deutschland verbieten und die Tiere nur noch mit gentechnik-freiem Futter versorgen – dieser Vorschlag kam nicht von einem Öko-Lobbyisten, sondern von Ludger Breloh, der den Einzelhandelskonzern Rewe bei der Herbsttagung des BÖLW am Donnerstag repräsentierte.
Rewe ist Mitglied im Verband Lebensmittel Ohne Gentechnik und setzt immer stärker auf gentechnikfreies Futter für die Tiere, deren Produkte unter Marken des Supermarkts im Kühlregal liegen. Das betrifft vor allem Hühnerfleisch und Eier, dazu Milch, in Zukunft wohl auch Schweinefleisch. 100 Prozent gentechnikfreies Futter sowie ein generelles Anbauverbot auf Äckern in Deutschland sei „umsetzbar und realistisch“, wird Rewe-Manager Breloh in einer Mitteilung des BÖLW zitiert.
Das Problem bei tierischen Erzeugnissen ist, dass auf der Verpackung nicht angegeben werden muss, ob gentechnisch verändertes Futter eingesetzt wurde. Diese Transparenzlücke will die Bundesregierung laut ihrem Koalitionsvertrag eigentlich schließen, nötig sind Änderungen auf EU-Ebene. Bislang ist nichts passiert. Das Thema sei aber nicht vergessen, versicherte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth zu Beginn der Tagung. [dh]