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„Kein Konsens über Gentechnik-Sicherheit“

In Brüssel diskutierten Wissenschaftler von Behörden und EU-Politiker diese Woche darüber, ob die Risiken von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) derzeit angemessen geprüft werden. Nein, bilanzieren Abgeordnete mehrerer Fraktionen. Es sei deutlich geworden, „dass es keinen wissenschaftlichen Konsens zur Sicherheit von GVO gibt“ und dass das bisherige Verfahren „auf einem veralteten Konzept“ basiere.

An dem Treffen nahmen Vertreter der EU-Kommission, der EU-Lebensmittelbehörde (EFSA) – sie ist zuständig für die Risikobewertung von Gentech-Pflanzen und Pestiziden – von nationalen Behörden aus Deutschland, Österreich und Norwegen sowie Abgeordnete der konservativen EVP, der Sozialdemokraten und der Grünen im Europäischen Parlament teil.

In ihrer gemeinsamen Presseerklärung betonen die Abgeordneten: „Die Risikoprüfung durch die EFSA basiert auf einem veralteten Konzept. Es gibt keine Untersuchungen zu kombinatorischen Effekten, zu den Auswirkungen des Pestizideinsatzes, zur unkontrollierten Ausbreitung und zu vielen anderen Risiken.“ Sie erneuern auch die häufig geäußerte Kritik, die Konzerne stellten externen Wissenschaftlern die Gentechnik-Organismen nicht für eine Überprüfung zur Verfügung. „Besonders beunruhigend ist, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nur mangelhaften oder gar keinen Zugang zu GVO-Material für Forschungszwecke haben, da sie durch Patente geschützt sind. So werden kritische Untersuchungen zu den Risiken von GVO verhindert.“

Das stört nicht nur Politiker und NGOs. Auch das Bundesamt für Naturschutz schrieb letztes Jahr in einem internen Papier: „Derzeit kann Sicherheitsforschung – selbst bei zugelassenen GVO – nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Industrie stattfinden. In der Praxis ist damit eine unabhängige Sicherheitsforschung kaum möglich.“ 

Auch bei neuen Verfahren zur Erbgutveränderung – in der EU wird zurzeit beispielsweise über CRISPR-Cas, Zinkfinger oder die Oligonucleotid-gesteuerte Mutagenese diskutiert – müsse man genau hinsehen, so die Forderung der parteiübergreifenden Allianz. „Damit nicht noch mehr pestizidresistente Pflanzen auf den Feldern landen, müssen auch Pflanzen, die mit neuen gentechnischen Methoden hergestellt wurden, einer strikten Prüfung unterzogen werden. Doch stattdessen arbeitet die Europäische-Kommission in die Gegenrichtung.“ Die Abgeordneten befürchten, dass im Vorfeld eines möglichen Vertragsabschlusses über das Freihandelsabkommen TTIP Hürden für Unternehmen abgebaut werden sollen. So könne die Gentechnik-Risikoprüfung bei Pflanzen, die an Tiere verfüttert werden, gelockert werden.

In der EU müssen gentechnisch veränderte Organismen zunächst ein meist mehrere Jahre dauerndes Zulassungsverfahren durchlaufen. Am Anfang steht die Überprüfung möglicher Gesundheits- und Umweltrisiken durch die EFSA. Zwar wird der Behörde mit Sitz im italienischen Parma häufig vorgeworfen, zu industrienahe Experten zu berufen und sich zu stark auf Daten der Gentech-Hersteller zu verlassen. Dennoch: in den USA ist das Verfahren noch lascher. Durch TTIP und das bereits fertig verhandelte Handelsabkommen mit Kanada (CETA) könnte ein „race to the bottom“ - also eine Absenkungsspirale – bei den Sicherheitsstandards eingeleitet werden, befürchten Umwelt- und Verbraucherschützer. [dh]

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